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Dr. Christoph Gepp Privatärztlicher Bundeverband

_ Die derzeitige GOÄ ist 1996 in Kraft getreten. Sie bildet eine große Anzahl von Leistungen, die der Fortschritt seitdem hervorgebracht hat, nicht ab. Diese Rechtsunsicherheit ist für viele Kollegen ein großes Problem.

Auch auf eine Erhöhung ihrer Vergütung müssen die Ärzte seit 20 Jahren warten. Eine neue GOÄ ist ein wichtiger Impuls für das Fortbestehen des dualen Systems, das der Privatärztliche Bundesverband für das einzig zukunftsweisende und patientenorientierte System hält. Nur die GOÄ sichert eine freie Ausübung des ärztlichen Berufes. Jüngste Äußerungen des SPD-Gesundheitspolitikers Karl Lauterbach bestätigen leider eindrucksvoll, dass die Gedanken an eine staatlich gelenkte Einheitsmedizin nicht erlöschen werden und ideologisch geprägt weiter verfolgt werden.

Andererseits enthält der bisher bekannt gewordene Entwurf für eine neue GOÄ einige sehr problematische Veränderungen. Der bisherige 2,3-fache Steigerungssatz soll als neuer Normalsatz verwendet werden. Allerdings werden die Steigerungsmöglichkeiten auf den 2-fachen Satz beschränkt, was dem 4,6-fachen des bisherigen Standes entspricht. Das ist sicher für die meisten Kollegen kein Problem — im Einzelfall und auch grundsätzlich stellt es jedoch einen enormen Eingriff in die freiheitliche Berufsausübung dar. Bei sehr aufwändigen Maßnahmen kann es notwendig sein, höher zu steigern. Dies würde von den privaten Krankenversicherern dann abgelehnt werden können.

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Bei 2-facher Steigerung ist künftig Schluss.

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Auch wird die Einkommenssteigerung, die man wegen der Abwertung der Laborleistungen eigentlich erwarten dürfte, wohl gering ausfallen — wenn überhaupt. Das ist angesichts der 20-jährigen Laufzeit der alten GOÄ eigentlich inakzeptabel.

Mit der neuen GOÄ entsteht auch eine Art Privat-KV

Vergütung wird laufend korrigiert

Der größte Brocken ist aber ein Instrument, das auf den ersten Blick sinnvoll erscheint, bei näherem Hinschauen aber ein großes Potenzial bietet, gegen Ärzte eingesetzt zu werden: Es soll eine gemeinsame Kommission (GeKo) aus PKV, Beihilfestellen und Ärztevertretern gebildet werden. Diese soll die GOÄ weiterentwickeln, was zunächst einmal gut klingt. Die GeKo soll Fehlentwicklungen korrigieren. Wird z. B. eine Ziffer zu häufig abgerechnet, soll ihre Vergütung (auch unabhängig von der medizinischen Notwendigkeit!) herabgesetzt werden. Wenn Ärzte und Kostenträger sich nicht einigen können, soll das Ministerium entscheiden dürfen. Damit aber wird die Abrechnung der GOÄ zum Spielball der Politik, und die Bundesärztekammer erhält Machtbefugnisse, die ihr eigentlich nicht zustehen.

Es sind noch eine Reihe weiterer Aufgaben geplant, die die GeKo übernehmen soll, beispielsweise die Vorsorge zu regeln. All dies lässt befürchten, dass wir mit der GeKo eine Institution schaffen, die sich zur Privat-KV auswachsen wird. Darüber hinaus wird der privat abrechnende Arzt eventuell verpflichtet, maschinenlesbare Rechnungen zu erstellen — er wird also gläsern. Hier werden unter dem Deckmantel der Vereinheitlichung und angeblichen Qualitätssicherungen möglicherweise Einschränkungen der freiheitlichen Berufsausübung transportiert.

Wir sind also insgesamt in der Situation, dass wir dringend eine neue GOÄ brauchen, der vorgelegte Entwurf aber erhebliche Risiken birgt.

Als Privatärzte sind wir trotz größter Bedenken aber für eine neue GOÄ. Wir hoffen, dass diese das Fortbestehen des dualen Systems sichert. Und die Hoffnung, in den nächsten Jahren eine bessere und freiheitlichere GOÄ durchsetzen zu können, ist extrem gering. Die Fehlentwicklungen, die aus der neuen GOÄ resultieren können, wachsam zu begleiten und ggf. für Veränderungen zu kämpfen, wird die Herausforderung der nächsten Jahre sein.