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Dr. med. Dipl.-Phys. Hanno Grethe

_ Gleich mehrere Trends transformieren aktuell die Allgemeinmedizin. Einer der wichtigsten ist der steigende Anteil von Ärztinnen in der Hausarztfunktion. Dadurch steigt der Bedarf an neuen Arbeitsmodellen und Unterstützungen. Als Hausärzte registrieren wir auch einen steigenden medizinisch-sozialen Integrationsbedarf in einer alternden Gesellschaft. Trotz Internet und Telemedizin wird die Rolle der sprechenden Medizin wichtiger. Ein weiteres Problem ist interdisziplinär: Mängel in der Aus-, Weiter- und Fortbildung führen zu Kompetenzverlusten.

Dies sind nur drei Aspekte, aber sie geben einen Eindruck von der Komplexität des Wandels. Um eine optimale hausärztliche Betreuung zu sichern, muss sich Einiges tun. Bis 2025 wären folgende Entwicklungen ideal:

  1. 1.

    Der Facharzt für Allgemeinmedizin wird zum modernen Facharzt für Familienmedizin weiterentwickelt werden. Wenn wir den individualmedizinischen Ansatz von Prävention, Diagnostik und Therapie um die vollen gruppenmedizinischen Aspekte erweitern, wird der Hausarzt zum Zentrum einer effektiven, kostengünstigen Grundbetreuung.

  2. 2.

    Für die Familienmedizin werden klare Ziele formuliert. Die dafür nötige Theoriebildung berücksichtigt auch die aktuellen Probleme der Versorgungssituation.

  3. 3.

    Die verschiedenen familienärztlichen Organisationsformen — Einzel- oder Gemeinschaftspraxis, Medizinische Versorgungszentren, Ärztenetze etc. — werden zu lokalen Zentren teamorientierter Familienmedizin umgeformt.

  4. 4.

    Alle an der Betreuung Mitwirkenden vernetzen sich elektronisch, mit dem Hausarzt in zentraler Position. Der Datenschutz bleibt gewährleistet.

  5. 5.

    Die Familienmedizin passt sich an Verschiebungen in Demografie und Morbidität an.

  6. 6.

    Methoden und Equipment werden weiterentwickelt, etwa für Screenings oder die Therapie Multimorbider.

  7. 7.

    Alltagstaugliche Behandlungsempfehlungen wie jene der DEGAM werden beachtet.

  8. 8.

    Die methodisch evaluierte Prävention wird intensiviert.

  9. 9.

    Auf den Familienarzt zugeschnittene IT-Systeme werden entwickelt, etwa zur Verbindung mit Recall-Systemen oder zur automatischen Kontrolle auf Arzneimittelwechselwirkungen und Kontraindikationen.

  10. 10.

    Ein Qualitätsmanagementsystem für die Hausarztpraxis wird entwickelt.

  11. 11.

    Die Ausbildung der Medizinischen Fachangestellten (MFA) wird auf das Niveau der Nicht-ärztlichen Praxisassistenten (NäPA) angehoben.

  12. 12.

    Die Fortbildung wird z. B. durch Hospitationen in Krankenhäusern und spezialärztlichen Praxen, den Austausch von Erfahrungen oder Balintgruppen verbessert.

Entrümpeln wir den Alltag der Hausärzte!

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Der Hausarzt von 2025 arbeitet stets unter gruppenmedizinischem Aspekt.

© skynesher / iStock

Bessere Ausbildung

Bei alledem muss sich die Familienmedizin darauf verlassen können, dass ihre Voraussetzungen verbessert werden. Das betrifft die Aus- und Weiterbildung. Ein obligatorischer, viermonatiger Abschnitt „Hausärztliche Betreuung“ im Praktischen Jahr wäre ebenso wichtig wie starke Weiterbildungsverbünde in allen Regionen und zusätzliche Weiterbildungsabschnitte etwa in HNO-Heilkunde, Dermatologie oder Pädiatrie. Auch sollte die Position der Mentoren gestärkt werden — durchaus auch finanziell.

Die Politik könnte den Alltag der Familienärzte von viel Bürokratie befreien, indem sie die Zahl der Krankenkassen drastisch reduziert und eine einheitliche Solidarversicherung einführt. Auch eine obligatorische Jahres-Einschreibung der Patienten beim Hausarzt würde die Betreuung effektiver machen.