figure 1

Prof. Dr. med. H. S. Füeßl Privatpraxis für Integrative Innere Medizin, München

_ In einer placebokontrollierten, doppelblind geführten, randomisierten Studie mit Parallelgruppen wurden 308 Männer über 60 Jahren mit niedrigen oder niedrig normalen Testosteronspiegeln (100–400 ng/dl, freies Testosteron < 50 pg/ml) über drei Jahre hinweg untersucht. 156 Studienteilnehmer applizierten täglich 7,5 g eines 1%igen Testosterongels auf das Skrotum, 152 ein identisch aussehendes, wirkstofffreies Gel. Die Dosis wurde so angepasst, dass Testosteronkonzentrationen zwischen 500 und 900 ng/dl erreicht wurden.

Primäre Studienziele waren sonografisch untersuchte Veränderungen der Intima-Media-Dicke an der Karotis sowie ein mittels CT bestimmter Kalk-Score an den Koronarien. Daneben untersuchte man per Fragebogen die erektile und orgasmische Funktion, die Libido, die Häufigkeit von Geschlechtsverkehr und die Zufriedenheit mit dem Sexualleben insgesamt.

Die Ausgangsdaten in den beiden Gruppen waren vergleichbar. Das Durchschnittsalter betrug 67,6 Jahre, 42% der Männer hatten eine Hypertonie, 15% einen Diabetes, 15% eine koronare Herzkrankheit, 27% waren adipös. Die Veränderung der Intima-Media-Dicke betrug in der Placebogruppe 0,01 mm pro Jahr, in der Testosterongruppe 0,012 mm pro Jahr. Beim Koronarkalk stellte man eine jährliche Veränderung von 41,4 Agatston-Einheiten in der Placebo- und 31,4 in der Testosterongruppe fest. Beide Unterschiede waren nicht signifikant; auch ergaben sich keine Assoziationen mit dem Testosteronspiegel.

Libido und erektile Funktion, Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs und Zufriedenheit mit dem Sexualleben nahmen zwar in der Testosterongruppe in der Tendenz zu, doch wurde wegen der großen Streubreite keine statistische Signifikanz erreicht.

KOMMENTAR

Es wird nach wie vor diskutiert, ob eine Testosteronsubstitution die Atherosklerose und insbesondere die koronare Herzkrankheit fördert. Die Autoren weisen ausdrücklich darauf hin, dass ihre Studie lediglich auf eine mögliche Progression der Atherosklerose abzielte und aufgrund zu geringer Power keine Entwarnung im Hinblick auf das kardiovaskuläre Risiko geben kann. Betrachtet man die Kurven für das sekundäre Studienziel der Sexualfunktion, so zeigen sich vor allem bei Libido, erektiler Funktion und Zufriedenheit mit dem Geschlechtsverkehr ausgeprägte Trends nach oben, auch wenn keine statistische Signifikanz erreicht wird. Offensichtlich gibt es aber Männer, die sehr wohl von der Testosteronsubstitution profitieren. Die Gründe bleiben vorläufig unbekannt. Ein Versuch lohnt sich bei einem entsprechendem Wunsch aber wohl. Fast hat man den Eindruck, als würde diese Aussage etwas verschämt in der Publikation versteckt.

figure 2

Testosteron gilt vielen Männern als Wundermittel.

© Wavebreakmedia / iStock