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Keinem Arzt bricht ein Zacken aus der Krone, wenn sich ein Kollege die Behandlung mal mitansieht

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_ Die Nürnberger Netzärzte testen momentan ein Peer-Review-Verfahren, wie es üblicherweise in Kliniken zur Qualitätsförderung genutzt wird, auf seine Praktikabilität im ambulanten Bereich. Basis dafür ist ein von der KBV erarbeiteter Leitfaden, der auf einem Curriculum der Bundesärztekammer beruht. „Unser Ziel ist es, nicht nur die Qualität in den Praxen zu stärken, sondern auch den Austausch unter unseren Ärzten zu fördern“, erklärt Jörg Lindenthal, der Manager des Ärztenetzes.

In dem Verfahren besuchen speziell fortgebildete Ärzte als „Peers“ Kollegen, die eine kritische Bewertung ihrer Arbeit wünschen. „Dazu gehen die Ärzte aber nicht einfach mit einer Checkliste durch die Praxis“, betont Lindenthal. Bei diesen Reviews blicken sie den Kollegen im Arbeitsalltag über die Schulter, führen Fachgespräche zu ausgewählten Themen und erstellen aus ihren Beobachtungen schließlich das Feedback. Ein konkreter thematischer Fokus für Peers im QuE-Netz sei derzeitig etwa die Arzt-Patienten-Kommunikation.

Das Ergebnis ist ein individuelles und wertneutrales Feedback, das konkrete Verbesserungsprozesse in Gang setzen soll. Dabei kommt es vor allem auf die eigene Motivation der Ärzte an, denn die Teilnahme am Projekt ist im Netz freiwillig. Mit der Resonanz ist Lindenthal bis jetzt zufrieden: Aus den 70 Praxen ganz unterschiedlicher Fachrichtungen, die im Netz organisiert sind, engagieren sich bereits 30 interessierte Ärzte im Pilotprojekt. Zwei Drittel davon sind Hausärzte, der Rest Fachärzte. 13 der Teilnehmer sind im Juli dieses Jahres zu Peers ausgebildet worden.

In der aktuellen Projektphase besuchen sich die Peers untereinander und schauen auch schon bei den anderen Teilnehmern herein. Die von der KBV für diese Arbeit vorgegebenen Grundsätze sind Freiwilligkeit, Verschwiegenheit und wertschätzender Umgang. Alle Reviews sollen bis Ende dieses Jahres abgeschlossen sein.

Der Prozess wird von der KBV begleitet. Sie will mit ihrem methodischen Leitfaden und weiteren Services — etwa dem Angebot von Muster-Dokumenten — mehr Ärzte und Psychotherapeuten, Arztnetze und Qualitätszirkel für den „Blick von außen“ begeistern.

Es braucht eine Vertrauensbasis

Natürlich kann Lindenthal auch von Hürden berichten. „Nicht jeder ist damit einverstanden, sich von einem Kollegen und damit letztlich auch einem Konkurrenten über die Schulter schauen zu lassen“, berichtet der Netzmanager. Da die Ärzte in Nürnberg oft in anderen Projekten zusammenarbeiten, gebe es aber häufig eine Vertrauensbasis. „Die Erfahrungen mit unseren Ärzten sind bisher überaus positiv“ betont Lindenthal, der sich gut vorstellen kann, dass das Verfahren auch in Berufsausübungsgemeinschaften funktioniert.

Für die Zeit nach der Pilotphase des Projekts ist Lindenthal ebenfalls optimistisch. Das Verfahren soll fester Bestandteil des Qualitätsmanagements werden. Und in Zukunft, so hofft der Netzmanager, könnten neben den Ärzten auch die Praxisteams in das Verfahren eingebunden werden.