_ Prof. Bodo C. Melnik von der Universität Osnabrück sieht Akne daher auch als Zivilisationskrankheit, vergleichbar der Adipositas oder dem metabolischen Syndrom. „Es gibt drei große Nahrungsmittelgruppen, die eine Akne fördern“, so der Dermatologe: „Hyperglykämische Kohlenhydrate, Milch und Milchprodukte sowie ungesättigte Fettsäuren und Transfette.“ Diese Nahrungsmittel sind nach Erkenntnissen der Nutrigenomik in der Lage, Signalwege so zu verändern, dass eine Akne ausgelöst wird.

Im Zentrum dieser Signalprozesse steht der Insulin-like Growth Factor(IGF)-1, laut Melnik „ein zentraler Player“ bei Akne. Der Wachstumsfaktor stimuliert die Synthese von (besonders potenten) Androgenen. Er schaltet aber auch den Transkriptionsfaktor FoxO1 aus, wodurch die Aktivität von Androgenrezeptoren erhöht und die Lipogenese in den talgbildenden Zellen gesteigert wird. Außerdem aktiviert IGF-1 einen zellulären „Master-Regulator“ für Wachstum, mTORC1. Die aktive Kinase bewirkt über verschiedene Wege nicht nur eine Zunahme der Talgproduktion, sondern auch eine Verschiebung der Fettsäurenzusammensetzung. Die daraus resultierende Hyper- und Dysseborrhö bietet einen idealen Nährboden für das Wachstum von Propionibacterium acnes. Dementsprechend können Nahrungsmittel, die die IGF-1- und mTORC1-Signaltransduktion exzessiv steigern, Akne induzieren oder verschlimmern. Solche Nahrungsmittel stammen laut Melnik vor allem aus den genannten drei Gruppen. „Akne ist das sichtbare Ergebnis einer unausgewogenen Nutrigenomik, ausgelöst durch westliche Ernährungsgewohnheiten”, so Melnik.

Essen wie in der Steinzeit

Unterstützt wird seine Hypothese durch die Beobachtung, dass Bevölkerungsgruppen wie die Kitava-Insulaner in Papua-Neuginea oder die Inuit, die sich ohne Milch und Getreide ernähren, aknefrei sind. Umgekehrt ist bei Inuit, die ihre traditionellen Ernährungsgewohnheiten verlassen haben, ein Anstieg der Akneprävalenz festzustellen. Der Zusammenhang von hyperglykämischer Ernährung bzw. Milchkonsum und Auslösung oder Aggravation einer Akne ist außerdem inzwischen durch epidemiologische und klinische Studien gesichert.

Melnik empfiehlt Aknepatienten daher, die Gesamtkalorienaufnahme zu kontrollieren und den Konsum von Zucker und raffinierten Kohlenhydraten, Milch, Milchprodukten, Weizen, gesättigten Fetten und Transfetten einzuschränken. „Die ideale ‚Anti-Akne-Diät‘ ist eine Ernährung ähnlich wie im Paläolithikum — mit einem Schwerpunkt auf Gemüsen und Früchten mit niedrigem glykämischem Index und Meeresfischen, die viele Omega-3-Fettsäuren enthalten.“ Potenziell aknepräventiv seien außerdem pflanzliche Lebensmittel wie grüner Tee, Beeren oder Curcumin, die reichlich mTORC1-hemmende Polyphenole enthalten.