Nachrichten aus Taiwan: Krebs wird bei Ärzten weder früher noch später entdeckt als in der Gesamtbevölkerung. Ausnahmen bilden ausgerechnet Zervix- und Mammakarzinome — eine neue Facette für das Rätsel, wie es Ärzte mit der eigenen Gesundheit halten.
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_ Aus zahlreichen Untersuchungen ist bekannt, dass Ärzte ihre eigene Gesundheit eher vernachlässigen und manchmal sogar damit Raubbau betreiben. Andererseits pflegen sie möglicherweise einen gesünderen Lebensstil und nutzen Früherkennungsmöglichkeiten intensiver als der Rest der Bevölkerung.
In Taiwan wurden nun anhand von Daten der nationalen Krankenversicherung und des Krebsregisters die Verläufe von Personen untersucht, die zwischen 1999 und 2012 an sechs häufigen Karzinomen (Leber, Lunge, Kolon/Rektum, Mundhöhle, Mamma und Zervix) erkrankt waren. Ausschlusskriterien waren ein Alter unter 25 Jahren, eine Organtransplantation, eine frühere Karzinomerkrankung und AIDS. Übrig blieben rund 274.000 Krebspatienten, aus denen einer Studiengruppe von 536 Ärzten gebildet wurde. Jedem wurden fünf nach Alter, Geschlecht, Wohnort und sozialen Verhältnissen vergleichbare Nichtärzte gegenübergestellt.
In einer logistischen Regressionsanalyse verglich man nun zwischen den beiden Gruppen die Verteilung der Krebsstadien bei der Erstdiagnose. Dabei traten keine signifikanten Unterschiede zutage — mit zwei Ausnahmen. Ärztinnen hatten im Vergleich zu Frauen aus anderen Berufen ein 2,64-fach höheres Risiko, bei Diagnosestellung ein fortgeschrittenes Zervix- und Mammakarzinom im Stadium IV zu haben.
KOMMENTAR
Seit langer Zeit wogt die Diskussion, ob es für die eigene Gesundheit gut oder schlecht ist, Arzt zu sein. Hoher sozioökonomischer Status und umfangreiches Wissen über Gesundheitsfragen stehen dabei einer hohen Arbeits- und Stressbelastung gegenüber. Die Studie bestätigt in gewisser Weise die professionelle Lebenserfahrung, wonach Ärzte die eigenen Angebote für sich selbst oft nicht in Anspruch nehmen. Eine Umfrage in Israel ergab, dass zwar fast 60% der Hausärzte Screening-Tests für wichtig halten, aber nur 27,5% sie bei sich selbst einsetzen.
Das Problem ist vielschichtig und tiefgründig. Sicher spielen psychologische Abwehrmechanismen wie ein starker Glaube an die eigene Unverletzlichkeit, aber auch das Wissen um mögliche Komplikationen und falsch positive Befunde eine Rolle. Seit in Taiwan 1995 ein nationales Früherkennungsprogramm des Zervixkarzinoms eingeführt wurde, sind die fortgeschrittenen Stadien dieses Karzinoms drastisch zurückgegangen. Dass gerade Ärztinnen davon ausgespart blieben, ist erstaunlich. Gemeinhin unterstellt man ja eher Männern, der fragwürdigen Assoziation Krankheit = Schwäche anzuhängen.
Literatur
Hsu YU et al. A comparison of the stages at which cancer is diagnosed in physicians and in the general population in Taiwan. CMAJ. 2015;187:E412–8
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Füeßl, H.S. Sind Ärztinnen etwa Vorsorgemuffel?. MMW - Fortschritte der Medizin 157 (Suppl 3), 40 (2015). https://doi.org/10.1007/s15006-015-3782-y
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