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Traumatische Erlebnisse in der Kindheit können den Grundstein für spätere Angst- und Panikstörungen legen.

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_ Das Spektrum der Angsterkrankungen umfasst die generalisierte Angststörung, die Panikstörung, die Agoraphobie, die soziale Phobie und spezifische Phobien. „Innerhalb eines Jahres werden fast 15% aller Menschen mit diesem quälenden Symptom konfrontiert“, sagte Prof. Dieter F. Braus, Wiesbaden. Damit liegen Angsterkrankungen an der Spitze psychischer Störungen.

Narben der Seele

Bei der Entstehung von Angsterkrankungen sind genetische und Umweltfaktoren beteiligt, wobei letztere auch über epigenetische Mechanismen die Entstehung des Krankheitsbildes begünstigen. Letztendlich kommt es zu Störungen auf der Transmitterebene. „Viele Untersuchungen haben gezeigt, dass Bedrohungserfahrungen und Trennungsängste in der Kindheit einen wichtigen Risikofaktor für spätere Angst- und Panikstörungen darstellen“, so Braus. Solche Erlebnisse führen zu strukturellen und funktionellen Veränderungen im „Angstnetzwerk“, das vorrangig in der Amygdala lokalisiert ist. Folge ist eine erhöhte Vulnerabilität des Gehirns, d. h. externe, aber auch interozeptive Reize wie Atemnot führen zu einer gesteigerten Angstreaktion. Typisches Beispiel ist die Panikattacke bei COPD-Patienten.

Neue S3-Leitlinie

2014 wurde die neue fachdisziplinenübergreifende S3-Leitlinie „Behandlung von Angststörungen“ vorgestellt, mit der die Defizite bei der Versorgung dieser Patienten abgebaut werden sollen. Sie umfasst evidenzbasierte Empfehlungen für die Diagnostik und die Therapie von Angststörungen und richtet sich an alle Gruppen, die Patienten mit Angsterkrankungen behandeln. In der Leitlinie wird empfohlen, Patienten nach einem ausführlichen Informationsgespräch eine Psychotherapie und/oder Pharmakotherapie anzubieten. Der Patient sollte über das Für und Wider der beiden Therapiestrategien, Wirkmechanismen, Wirkeintritt, Wirkdauer und Nebenwirkungen aufgeklärt werden. Die Entscheidung für eine Therapie sollten Arzt und Patient dann gemeinsam treffen.

Welche Medikamente?

Bei der Therapie von Angsterkrankungen sollten pharmakologische und psychotherapeutische Elemente eingesetzt werden. Langfristig zeigt die Kombination aus Pharmakotherapie und kognitiver Verhaltenstherapie die besten Ergebnisse. Pharmakologisch werden in erster Linie selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) oder selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) propagiert. In zweiter Linie können trizyklische Antidepressiva oder Pregabalin verordnet werden. Pregabalin ist ein Kalziumkanal-Modulator, der die exzitatorische Neurotransmission reduziert. Er kann als Monotherapie oder in Kombination mit einer anderen Substanz eingesetzt werden, vor allem bei der generalisierten Angststörung. Von der langfristigen Anwendung von Benzodiazepinen ist wegen der potenziellen Abhängigkeitsgefahr dringend abzuraten.

Generell empfiehlt sich ein langsamer Einstieg mit der jeweils niedrigsten Dosis. Zu Therapiebeginn kann sich die Angstsymptomatik verstärken. „Darüber müssen Sie den Patienten aufklären“, so Braus. Sollte eine Psychotherapie oder Pharmakotherapie allein nicht ausreichend wirken, sollte die jeweils andere Therapieform oder eine Kombination angeboten werden. Für Betablocker gibt es dagegen keine Evidenz.