_ Die GOÄ gibt einen engen Rahmen vor und lässt für Interpretationen eigentlich keinen Spielraum. Dennoch ist immer wieder zu beobachten, dass die Ziffern falsch angewendet werden — z. T. auch, um unrechtmäßige Gebühren zu berechnen. Das kann jedoch als Betrug geahndet werden.

Ein Arzt berichtete mir neulich von einer Rechnung, auf der sich u. a. der Posten „0857A Bodymassindex (BMI) — entspricht orientierender Testuntersuchungen“ fand. Angesetzt wurde der 1,8-fache Satz, also ein Betrag von 12,17 Euro. Die Patientin war dafür nach ihrer Größe und Gewicht gefragt worden, woraus der BMI berechnet worden war.

Hier zeigen sich gleich mehrere gravierende Fehler. Zum einen wurde die Analogregelung nach § 6 GOÄ falsch angewendet. Die Analogisierung von Leistungen ist zwar durchaus üblich, muss jedoch den Vorschriften entsprechen. So dürfen Gebührennummern nicht verändert werden (Nr. 857 wurde zu Nr. 0857). Weiterhin darf man ein nachgestelltes „A“ nur für die Analognummern aus dem Verzeichnis der Bundesärztekammer im benutzen.

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Die GOÄ ist eine offizielle Rechtsverordnung.

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Die Messung von Körperzuständen wie Blutdruck, Größe oder Temperatur durch das Personal im Zusammenhang mit der Berechnung ärztlicher Leistungen ist nicht gesondert abrechenbar. Findet eine ärztliche Beratung gar nicht statt, ist höchstens die Nr. 2 berechnungsfähig. Im geschilderten Fall wurde offensichtlich noch nicht einmal gemessen, sondern befragt. Das ist gar nicht berechnungsfähig.

Gesetz im materiellen Sinne

Vielen Ärzten ist gar nicht bewusst, dass die GOÄ eine Rechtsverordnung und damit geltendes Recht ist. Gesetzliche Grundlage ist die Bundesärzteordnung. Rechtsverordnungen legen fest, wie bestimmte Gesetze auszuführen sind. Anders als ein vom Bundestag beschlossenes Gesetz wird eine Verordnung von der Exekutive erlassen, also z. B. von Regierungen, Ministern oder Verwaltungsbehörden. Sie benötigen also nicht das förmliche Gesetzgebungsverfahren.

Andererseits können Verordnungsgeber natürlich auch nicht nach Lust und Laune Regelungen erlassen. Sie brauchen eine vom Bund oder von einem Land für den konkreten Fall übertragene Ermächtigung. Die daraufhin erlassene Rechtsverordnung ist somit ein verbindliches Recht, auch wenn sie nicht in einem förmlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen wird. In der Praxis macht es keinen Unterschied, sie ist ein Gesetz im materiellen Sinne.

Aus der Definition der Rechtsverordnung ergibt sich, dass die GOÄ ein solches geltendes Recht darstellt. Insofern haben sich die Ärzte strikt nach den Vorgaben der GOÄ zu richten. Tun sie dies nicht, kann Fehlverhalten als Betrug geahndet werden.