_ Nach einem Urteil des Sozialgerichts (SG) Marburg genügt es völlig, wenn ein ablehnender Widerspruchsbescheid an einen Vertragsarzt persönlich geschickt wird — auch wenn dieser sich anwaltlich vertreten lässt (Az.: S 16 KA 560/13). In dem Prozess ging es um die Festsetzung einer schriftlichen Beratung im Rahmen einer Heilmittel-Richtgrößenprüfung für das Jahr 2010. Die Prüfstelle hatte der Klägerin im August 2009 ein Schreiben zugeschickt, in dem sie ihr die Eröffnung eines Verfahrens wegen der Jahres-Richtgrößenprüfung 2007 mitteilte. Die Klägerin ließ sich daraufhin durch einen Anwalt vertreten, der der Prüfstelle Anfang Oktober 2009 anzeigte, dass er von der Klägerin mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt worden sei und der gesamte Schriftverkehr über ihn laufen solle.

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Dieser Bescheid ist definitiv zugestellt!

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Mit Datum vom 17. Dezember 2009 setzte die Prüfstelle eine schriftliche Beratung fest und schickte einen entsprechenden Bescheid an die Klägerin. Im September 2012 erkundigte sich der Anwalt bei der Prüfstelle nach dem Sachstand, die daraufhin mitteilte, dass die Mitteilung bereits versehentlich an die Klägerin versandt worden sei. Nun erst, im November 2012, erhob die Ärztin gegen den Bescheid Widerspruch. Das Sozialgericht entschied aber, das der Bescheid korrekt zugestellt wurde — und die Frist für einen Widerspruch bereits abgelaufen sei.

Seit dem 1. Januar 2013, als das Versorgungsstrukturgesetz (GKV-VStG) in Kraft trat, können Punktwertzuschläge u.a. auf den Orientierungspunktwert vereinbart werden. Damit kann die Vergütung besonders förderungswürdiger Leistungen (§ 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V) gestützt werden — man denke z. B. an Hausbesuche. Zum 1. Januar 2014 wurde diese Art von Zuschlägen ausgeweitet. Seitdem können auch die Versorgung pflegebedürftiger Versicherter in stationären Einrichtungen und Kooperationsverträge gefördert werden.

MMW-KOMMENTAR

Die sogenannte Zugangsfiktion — also die Annahme, dass ein Verwaltungsakt seinen Empfänger erreicht hat, wenn es in Deutschland zur Post gegeben wurde — gilt nach § 37 Abs. 2 SGB X nur dann nicht, wenn das Schreiben nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Dafür sah das Sozialgericht im vorliegenden Fall aber keine Anhaltspunkte. Nur, wenn der Empfänger die Vermutung durch entsprechenden Tatsachenvortrag erschüttert, muss der Zugangszeitpunkt von Amts wegen ermittelt werden. Dies wäre der Fall gewesen, wenn die betroffene Ärztin die Zustellung des Bescheides bestritten hätte. In diesem Fall wäre es zur Beweisumkehr gekommen, und die Prüfstelle hätte den Postweg belegen müssen.