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Prof. em. Dr. med. Dr. h. c. D. Reinhardt

Kinderklinik und Kinderpoliklinik in Dr. von Haunerschen Kinderspital, München

_ Hämangiome sind die häufigsten Weichteiltumoren im Säuglingsalter. Meist treten sie erst zwischen der 4. und 6. Lebenswoche auf. Nach einer Proliferationsphase kommt es meist zur Stabilisation und zur Involution. Etwa 12% der Kinder zeigen jedoch Komplikationen, einige auch Exazerbationen.

Glukokortikoide und bei deren Versagen Interferon alfa sowie Vincristin waren trotz ihres relativ großen Nebenwirkungspotenzials lange Mittel der Wahl, ohne dass ihre Effizienz belegbar gewesen wäre. Seit 2008 liegen die Hoffnungen auf dem systemisch verabreichten, nicht-selektiven Betablocker Pro­pranolol. Eine weltweit durchgeführte, multizentrische, placebokontrollierte, randomisierte Studie an 460 Säuglingen untersuchte nun die Wirkung von oral verabreichtem Propranolol.

Säuglinge im Alter von 1–5 Monaten mit einem proliferierenden Hämangiom im Gesicht (70%) oder an anderen Körperstellen (30%) erhielten oral über ­einen Zeitraum von drei oder sechs Monaten entweder Placebo oder Propranolol in einer Dosierung von täglich 1 oder 3 mg/kg KG. Als Endpunkt der Studie galt eine komplette oder fast vollständige Remission der Hämangiome.

In der Propranolol-Gruppe konnte unter der Dosis von 3 mg/kg KG ein signifikant größerer Effekt als in der Placebogruppe beobachtet werden (60 vs. 4%, p < 0,001). 88% dieser Patienten gegenüber 5% in der Placebogruppe hatten bereits nach einer dreimonatigen Therapie unter dieser Dosis eine Teilremission gezeigt. Insgesamt konnte aber nur bei 3 von 39 Patienten (8%) nach drei Monaten der Endpunkt erreicht werden – bei der sechsmonatigen Therapie waren es 27 von 43 Patienten (63%). 10% der Pa­tienten, die sich einer primär erfolgreichen Therapie unterzogen hatten, benötigten eine erneute systemische Therapie in der Follow-up-Periode. Die für Pro­pranalol beschriebenen Nebenwirkungen Hypoglykämie, Hypotonie, Bradykardie oder Bronchospasmen kamen unter Verum und Placebo gleich oft vor.

Kommentar

Die Studie an einem großen Kollektiv von Säuglingen mit komplizierten Hämangiomen belegt die Wirksamkeit einer oralen Therapie von 3 mg/kg KG über sechs Monate. Niedrigere Dosierungen oder kürzere Therapiedauer waren nicht effektiv. Leider wurde eine Dosis von 2 mg, die möglichweise schon wirksam gewesen wäre, nicht getestet. Auch konnten Hochrisikopatienten aufgrund der Placebo-Anlage der Studie nicht einbezogen werden. Die Autoren verweisen aber auf Einzelfallstudien, die auch z. B. bei Ulzerationen oder Lokalisation in Augennähe Erfolge nachweisen konnten. Die 47 Autoren empfehlen die Therapie bei komplizierten bzw. progredienten Hämangiomen im Säuglings­alter – unter engmaschinger Kontrolle.