Immer mehr Patienten erhalten eine antithrombotische Therapie, etwa wegen tiefer Beinvenenthrombose, Herzklappenersatz oder Vorhofflimmern. Bereichert, aber auch komplexer wurde die Therapie durch die Einführung innovativer Thrombozytenaggregationshemmer und neuer oraler Antikoagulanzien (NOAK). In unserer „Gerinnungssprechstunde“ erhalten Sie Antworten auf Fragen, die sich dabei im Praxisalltag ergeben.
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Frage: Ein 72-jähriger Patient steht seit einigen Jahren wegen Vorhofflimmerns mit einem CHA 2 DS 2 -VASc-Score von 7 Punkten unter einer NOAK-Therapie. Zwei- bis dreimal jährlich tritt bei dem Patienten stärkeres Nasenbluten auf, jedoch bisher keine lebensbedrohliche Blutung. Von HNO-ärztlicher Seite fand sich keine Ursache. Was soll ich machen? Die Antikoagulation ganz beenden, oder ist evtl. eine Umstellung auf Marcumar mit einem Ziel-INR-Wert < 2 sinnvoll?
Antwort: Da bisher keine lebensbedrohliche Blutung aufgetreten ist, sollte man bei dem ausgeprägten Risikoprofil keinesfalls die orale Antikoagulation beenden. Auch die Umstellung auf Marcumar ist nicht sinnvoll, da im Falle einer stärkeren Blutung die Antikoagulation sehr viel schwerer steuerbar ist, da die Wirkung von Marcumar sehr viel länger anhält als bei einem NOAK. Auch dürfte ein Ziel-INR-Wert < 2 keinen ausreichenden Schutz bieten. Ich empfehle, bei Wiederauftreten der Blutung die Einnahme der nächsten Dosis um einige Stunden zu verschieben oder bei anhaltender Blutung die Therapie um 1 oder 2 Tage zu unterbrechen, bis die Blutung aufhört. Genauso würde ich verfahren, wenn eine andere leichtere Blutung, z. B. ein Hämatom bei einem Trauma, auftreten würde.
Frage: Bei einem 56-jährigen Patienten mit Vorhofflimmern und einem CHA 2 DS 2 -VASc-Score von 5 Punkten wurde vor 3 Jahren eine dauerhafte orale Antikoagulation mit 20 mg Rivaroxaban täglich eingeleitet. Damals war die Nierenfunktion noch normal. Jetzt wurde bei einer Routinekontrolle eine GFR von 28 ml/min bestimmt, und auch bei einer Kontrolle lag der Wert in diesem Bereich. Dies dürfte Ausdruck einer diabetischen Nephropathie sein. Muss ich den Patienten jetzt auf Marcumar umstellen, da nach den offiziellen ESC-Empfehlungen bei einer GFR < 30 ml/min kein NOAK mehr gegeben werden sollte?
Antwort: Ja, Sie haben Recht. Die offiziellen europäischen Leitlinien empfehlen, bei einer GFR < 30 ml/min kein NOAK mehr einzusetzen. Die amerikanischen Empfehlungen sind da nicht so streng, d. h. sie orientieren sich an den Zulassungskriterien. Da in den Zulassungsstudien mit Rivaroxaban und Apixaban auch bei Patienten mit einer GFR bis 15 ml/min der Benefit für das NOAK belegt werden konnte und bisher bei dem beschriebenen Patienten keine Blutungskomplikation aufgetreten ist, ist es meines Erachtens durchaus vertretbar, bei diesem Patienten die Therapie mit Rivaroxaban fortzuführen, allerdings mit der niedrigeren Dosierung von 15 mg. Dies ist dann kein „off label use“, da das Medikament bis zu einer GFR von 15 ml/min in der niedrigen Dosis offiziell zugelassen ist. Die Nierenfunktion muss jedoch unbedingt engmaschig kontrolliert werden, und bei einer GFR < 15 ml/min muss man auf Marcumar umstellen. Bei einer Neueinstellung würde ich mich aber grundsätzlich an die Empfehlungen der ESC halten, also ab einer GFR von 30 ml/min kein NOAK geben.
Frage: Immer mehr Patienten erhalten heute ein NOAK wegen Vorhofflimmerns. Wie soll ich vorgehen, wenn bei einem solchen Patienten ein elektiver chirurgischer Eingriff erforderlich ist, z. B. eine Cholezystektomie? Muss ich mit einem NMH „bridgen“ oder „switchen“, oder reicht eine Medikamentenpause?
Antwort: Grundsätzlich muss man bei Gabe eines NOAK nie „bridgen“, da ein NOAK pharmakokinetisch einem NMH gleicht. Somit ist die Sache einfach, Sie müssen nur eine Medikamentenpause einlegen. Wie lange vor dem Eingriff das NOAK abgesetzt werden muss, hängt einmal von der Substanz, dann aber auch von der Nierenfunktion und dem Blutungsrisiko des Eingriffs ab. Bei Apixaban und Rivaroxaban sollte die Substanz bei einem Eingriff mit geringem Blutungsrisiko mindestens 36 Stunden, bei einem Eingriff mit hohem Blutungsrisiko mindestens 48 Stunden vorher abgesetzt werden, soweit die Dosierung an die entsprechende Nierenfunktion angepasst wurde, d. h. bei Rivaroxaban 15 mg und bei Apixaban 2 × 2,5 mg ab einer GFR von 50 ml/min.
Bei Dabigatran, das vorwiegend renal eliminiert wird, ist die Sache komplexer: Bis zu einer GFR von 80 ml/min sollte Dabigatran bei Eingriffen mit hohem Blutungsrisiko mindestens 48 Stunden, bei Eingriffen mit geringem Blutungsrisiko mindestens 24 Stunden vorher abgesetzt werden. Bei einer GFR zwischen 50–80 ml/min gelten mindestens 72 bzw. 36 Stunden, bei einer GFR zwischen 30 und 50 ml/min mindestens 96 bzw. 48 Stunden.
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Stiefelhagen, P. Nasenbluten unter NOAK — was tun?. MMW - Fortschritte der Medizin 157, 25 (2015). https://doi.org/10.1007/s15006-015-3460-0
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