_ Patienten. Wir kennen sie aus unseren Praxen, und dort können wir sie einschätzen. Mit ihnen umgehen. Doch in „freier Wildbahn“? Da sind sie unberechenbar. Sie erscheinen ganz plötzlich aus dem Hinterhalt und stehen auf einmal direkt vor einem, unerwartet und völlig überraschend. Ein Entkommen ist fast ausgeschlossen. Gerade will man sich elegant umwenden, da klingt es schon: „Ach, Frau Doktor — gut, dass ich Sie hier gerade treffe!“

Genauso dieser hier, der mich, obwohl ich meine Sonnenbrille trug, am Glascontainer anhaute, in den ich gerade mein Leergut werfen wollte. „Ich hab seit drei Woche so ein Ziehen in der Leiste“, kam es auf Hessisch. „Na, dann zeigen Sie mal“, wagte ich mit einem Lächeln zu sagen; immerhin stand seine Ehefrau direkt neben ihm.

Er erklärte mir stattdessen weitschweifig seine genauen Beschwerden in jener ganz speziellen Region. Dann wurde er zurückhaltend. „Ja, also — was nun?“, fragte er zögernd, und da hatte ich ein Erbarmen und gab ihm einen Termin für die Sprechstunde am nächsten Vormittag. Er kam pünktlich, und ein von mir vermuteter Leistenbruch bestätigte sich. Kurz darauf wurde er schon operiert.

Wie gut, dass wir uns am Glascontainer getroffen haben und er nicht hinterm Berg gehalten hat.