Zusammenfassung
Eine 19-Jährige kommt mit Abgeschlagenheit, Fieber bis 38,1 °C und leichtem Ziehen in der rechten Flanke in die Sprechstunde. Bereits vor drei Tagen musste sie häufiger auf die Toilette. Von einer Freundin, die öfter ähnliche Beschwerden hat, bekam sie ein Pulver (Fosfomycin®). Damit besserten sich die Beschwerden leicht. Jetzt gehe es ihr aber wieder schlechter.
Avoid common mistakes on your manuscript.
_ Bei der Abklärung eines Harnwegsinfektes (HWI) ist es primär wichtig, folgende Identitäten zu unterscheiden:
-
Asymptomatische Bakteriurie
-
Unkomplizierter HWI: einmalige, neu aufgetretene Schmerzen beim Wasserlassen (Dysurie), imperativer Harndrang, Pollakisurie, Schmerzen oberhalb der Symphyse ohne relevante funktionelle oder anatomische Anomalien
-
Fieberhafter bzw. oberer HWI (Pyelonephritis): zusätzlicher Flankenschmerz, klopfschmerzhaftes Nierenlager und/oder Fieber (> 38,0 °C)
-
Komplizierter HWI: mit Begleiterkrankungen wie z. B. Urolithiasis, Blasensenkung, Schwangerschaft
-
Rezidivierender HWI: Rezidivrate ≥ 3 symptomatische Episoden/Jahr.
Was sollten Sie abklären?
-
Gründliche Anamnese: Beginn und Dauer, erstmaliges Ereignis, Risikofaktoren, Begleiterkrankungen oder Medikation (Antibiotika?), mögliche Schwangerschaft, Makrohämaturie
-
Körperlicher Untersuchung: Flankenschmerzen, Blasendruckschmerz
-
Urinsticks, ggf. Urindiagnostik: signifikanter HWI bei > 105 KBE/ml
-
Zusatzdiagnostik bei fieberhaften oder komplizierten HWI: Urinkultur (s. linken Kasten), Sonografie der Nieren und Harnwege, ggf. Labordiagnostik (Leukozyten, CRP, Kreatininwert).
Was müssen Sie beachten?
Sie sollten das mögliche Erregerspektrum sowie die lokalen Antibiotikaresistenzen beachten. Bei einem unkomplizierten Harnwegsinfekt kommen v. a. Escherichia coli (76,4%), Staphylococcus saprophyticus (3,5%), Klebsiella pneumoniae (3,5%) und Proteus mirabilis (3,4%) in Frage. Zunehmend spielen auch multiresistente Keime eine Rolle. Auf der Internetseite des Robert-Koch-Institutes (www.rki.de) oder in lokalen mikrobiologischen Laboren kann die jeweilige Resistenzlage gefunden/erfragt werden.
Welche Therapie wählen?
-
Asymptomatische Bakteriurie: konservatives Vorgehen mit ausreichender Trinkmenge (Blasentee), ggf. Phytopharmaka (z. B. Canephron®)
-
Unkomplizierter, einmaliger HWI: konservativer Therapieversuch, ggf. Analgetika (Novalgin®), oder Antibiotika (1. Wahl einmalig Fosfomycin® 3000 IE, 2. Wahl Ciprofloxacin® 500 mg 1-0-1 für 3 d)
-
Leichter fieberhafter HWI, leichte
-
Pyelonephritis: Urinkultur, kalkuliert Ciprofloxacin® 500 mg 1-0-1 für 10 d, → klinische Kontrolle, ggf. Antibiotikaanpassung oder fachärztliche Vorstellung
-
Ausgeprägter fieberhafter HWI oder Pyelonephritis (> 38,5 °C): Klinikeinweisung, Ceftriaxon i. v. bis zum Ergebnis der Urinkultur
-
Rezidivierender oder komplizierter HWI: fachärztliche Vorstellung
-
Weitere prophylaktische Empfehlungen: z. B. Cranberry Kps. täglich, Miktionieren nach dem Geschlechtsverkehr, ausreichende Trinkmenge (2 l/d).
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Additional information
An erratum to this article can be found online at http://dx.doi.org/10.1007/s15006-015-3632-y.
Rights and permissions
About this article
Cite this article
Brummeisl, W. Harnwegsinfekt: Wann wird es kompliziert?. MMW - Fortschritte der Medizin 157, 45 (2015). https://doi.org/10.1007/s15006-015-3032-3
Published:
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/s15006-015-3032-3