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Priv.-Doz. Dr. med. Christian Gratzke Urologische Klinik und Poliklinik, Klinikum der Universität — Campus Großhadern, LMU München

_ Die gutartige Prostatavergrößerung ist eine sehr häufige Erkrankung des älter werdenden Mannes und kann zu unterschiedlichen Symptomen führen. Man unterscheidet dabei einerseits Störungen der Harnblasenspeicherung, die sich in häufigem Harndrang bei Tag und Nacht sowie durch plötzlich auftretenden, schwer zu unterdrückenden Harndrang äußern, und andererseits Störungen der Harnblasenentleerung wie schwacher Harnstrahl und Restharn. Diese Symptome werden im deutschsprachigen Raum unter dem Sammelbegriff „Benignes Prostatasyndrom“ (BPS) zusammengefasst.

Für das Zustandekommen solcher Beschwerden ist jedoch nicht immer eine vergrößerte Prostata verantwortlich. Speicherstörungen — typisch für einen Harnwegsinfekt der Frau — treten auch häufig bei Männern nach transurethraler Resektion der Prostata auf, d. h. in Abwesenheit der Prostata. Dies hat zur Erkenntnis geführt, dass die Prostata nicht allein als Ursache für Beschwerden des unteren Harntraktes in Frage kommt, sondern dass gerade pathologische Veränderungen der Harnblase hier eine wesentliche Rolle spielen könnten. Diese Zusammenhänge werden im ersten Schwerpunktbeitrag näher erläutert.

Die Therapie eines Patienten mit BPS ist abhängig von Ausprägung und Art der Symptome und erfolgt in den meisten Fällen durch die Verordnung eines Medikamentes. Ein gutes Verständnis der Pathophysiologie von Symptomen des unteren Harntraktes ist daher wichtig für die Wahl des geeigneten Präparates. Die Zahl der verfügbaren Medikamente hat sich in den letzten Jahren erhöht. Standen neben den pflanzlichen Medikamenten lange Zeit lediglich α1-Rezeptorblocker („Alpha-Blocker“) und 5α-Reduktase-Inhibitoren zur Verfügung, gibt es heute eine Reihe von neuen Substanzgruppen, die bei der Therapie des BPS zugelassen sind. Darüber hinaus wird die Kombination verschiedener Substanzen getestet. Dadurch soll eine verbesserte, individuelle Therapie ermöglicht werden.

Anticholinergika, die aus der Therapie der überaktiven Blase („Reizblase“) bekannt sind, werden heute auch bei BPS und ausgeprägten Harnblasenspeicherstörungen genutzt. Sie wirken auf Muskarinrezeptoren, v. a. in der Harnblase, und entspannen dabei die Harnblasenmuskulatur. Dies führt zu einer Verbesserung der Speicherstörung. Anticholinergika werden häufig mit α1-Rezeptorblockern kombiniert.

Aus der Therapie der erektilen Dysfunktion bekannte Hemmstoffe der Phosphodiesterase 5 (PDE5-Inhibitoren) wurden kürzlich in der Indikation BPS getestet. Randomisierte, kontrollierte Studien haben daher zur Zulassung des ersten PDE5-Inhibitors geführt. Weitere Substanzen wie β3-Agonisten, die gerade in der Zulassung für die überaktive Blase stehen, werden zur Zeit auch bei Patienten mit Blasenauslassobstruktion untersucht und stehen möglicherweise in naher Zukunft für den behandelnden Arzt zur Verfügung.

Die beiden vorliegenden Schwerpunktbeiträge sollen einen fundierten Überblick über Pathophysiologie und medikamentöse Therapie des BPS bieten.

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Vergrößerte Prostata in der intravenösen Urografie (IVU).

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