_ Die Europäer leben immer länger, die Kindersterblichkeit ist die niedrigste der Welt. Die Menschen in Europa leben auch gesünder. Im weltweiten Vergleich schneidet der alte Kontinent gut ab. Der jetzt von der Weltgesundheitsorganisation WHO vorgelegte „Europäische Gesundheitsreport 2012“ zeigt aber auch, dass nicht alle der 900 Millionen Menschen in den 53 untersuchten Staaten gleichermaßen vom Anstieg der Gesundheitsstandards profitieren.

Die WHO-Region „Europa“ umfasst auch die Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion, die Türkei und Israel. Je weiter nach Osten die Autoren des Reports blicken, desto düsterer wird das Bild. Schwache Nationaleinkommen, ungleiche Verteilung der Vermögen und schlechtere Umweltbedingungen sorgen für höhere Gesundheitsrisiken der Bevölkerung dieser Länder

Gefahren für alle Europäer

Manche Risiken können nach Einschätzung der Autoren des Reports alle Europäer treffen. Tuberkulose und andere bakterielle Erreger lebensbedrohlicher Infektionen treten häufiger auf. Es sei geboten, neue wirksame Antibiotika zu entwickeln. Ansonsten könnten sich die Resistenzen weiter ausbreiten und Europa in Verhältnisse zurückfallen, wie sie vor der Ära der Antibiotika herrschten.

2010 lag die Lebenserwartung für Frauen in Europa bei durchschnittlich 80 Jahren, die der Männer bei 72,5 Jahren. In den einzelnen Ländern zeigen sich aber große Unterschiede. In Spanien, Frankreich und Italien haben heute geborene Mädchen die statistische Chance, 85 Jahre alt zu werden, die Jungen 77 bis 78 Jahre. In der Republik Moldawien, in Kasachstan und Kirgistan liegt die Lebenserwartung von Frauen unter 75 Jahren, die der Männer um 65 Jahre und zum Teil noch deutlich darunter.

Mortalitätsraten

Auch die Mortalitätsraten sind verschieden. So verzeichnete Kasachstan 2010 noch 1452 Todesfälle auf 100 000 Einwohner, die Schweiz nur knapp 500. Deutschland zählte etwas mehr als 600 Todesfälle. Die Kindersterblichkeit ist auf 7,3 Fälle auf 1000 Geburten gesunken. Das sind 53% weniger als noch 1980. Ähnlich positiv hat sich die Müttersterblichkeit entwickelt.

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Wie alt dieser Obdachlose in Moskau wohl ist — und wie alt wird er werden?

Foto: © dpa

Woran wird gestorben?

Herz- und Kreislauferkrankungen verursachen je nach Land zwischen 30 und 65% der Todesfälle in Europa, gefolgt von Krebs. Während bei Frauen an dritter Stelle die Atemwegserkrankungen folgen, sind es bei den Männern die Folgen von Unfällen sowie Drogen-, Alkohol- und Nikotinmissbrauch.

Atemwegserkrankungen, maligne Tumoren und Erkrankungen des Verdauungssystems sind in armen wie reichen Ländern etwa gleich oft Ursache von Todesfällen. Auch bei neuropsychiatrischen Erkrankungen als Todesursachen liegen sie nahe beieinander. Unterschiede tun sich bei Herz-Kreislauferkrankungen als Todesursachen auf. In den ärmeren Ländern sterben daran mehr als dreimal so viele Menschen wie in den reicheren.

Spitze beim Rauchen und Saufen!

Europa liegt beim Tabak- und Alkoholkonsum inzwischen an der Weltspitze. Im Schnitt nimmt jeder Europäer rund zehn Liter reinen Alkohols im Jahr zu sich. In Deutschland sind es eher zwölf Liter, in Moldawien mehr als 20 Liter.

Die Tuberkulose im Auge behalten

Im Europa der WHO treten Epidemien übertragbarer Krankheiten vergleichsweise seltener auf als im Rest der Welt. Impfkampagnen und Prävention seien aber weiterhin dringend notwendig, heißt es in dem Bericht. Vor allem die Tuberkulose, Aids und weitere sexuell übertragbare Krankheiten müssten im Blick behalten werden. In Osteuropa und Zentralasien schnellen die Aids-Raten nach oben. Auch Kinderlähmung, Röteln und Masern seien längst nicht besiegt.