_ Bei einer Proktitis handelt es sich um eine Entzündung der Rektumschleimhaut meist unter Mitbeteiligung des Anus. „Je stärker die Entzündung den Analkanal mit einschließt, desto schmerzhafter ist sie“, sagte Priv.-Doz. Dr. Niels Teich, Leipzig. Die Symptome der Proktitis sind unspezifisch: Blutungen, Schleimabgänge, evtl. Durchfälle, Stuhldrang und Dranginkontinenz. Bei der rektalen Untersuchung erscheint die Schleimhaut etwas verdickt, und am Fingerling findet sich Blut. „Auch der makroskopisch-endoskopische Befund ist meist unspezifisch und erlaubt keine eindeutige Aussage zur Ursache“, so Teich. Es finden sich kleinere oder größere erosive oder ulzeröse Läsionen, Kontaktblutungen, polypöse oder sogar tumoröse Veränderungen, Teleangiektasien und gelegentlich atypische Fistelöffnungen.

Immer an Geschlechtskrankheiten denken

Bei der Abklärung kommt der Anamnese eine wichtige Rolle zu, wobei auch die sexuelle Neigung und vorausgegangene Reisen erfragt werden sollten.

„Die Mitbeteiligung des Rektums bei Geschlechtskrankheiten ist klinisch sehr vielgestaltig“, so Teich. Zu den venerisch übertragenen Proktitiden gehören die Gonorrhö, die Lues, die HPV-Infektion, die zu Condylomata acuminata führt, die HIV-Infektion, die Herpes-simplex-Virus-Infektion, das Ulcus molle und das durch Chlamydien hervorgerufene Lymphogranuloma venereum. Zur Diagnostik sind serologische, mikrobiologische und bioptische Untersuchungen unverzichtbar. „Bei einer HPV-Infektion erlauben die Condylomata acuminata oft schon eine Blickdiagnose“, so Teich.

Chronisch entzündliche Darmerkrankung?

Grundsätzlich kann eine Proktitis auch die Manifestation einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung (CED) sein. Um eine solche nachzuweisen oder auszuschließen, ist eine komplette Ileokoloskopie mit Stufenbiopsien nötig. Charakteristischerweise ist bei einer Proktitis als distale Manifestation der Colitis ulcerosa auch die umgebende Mukosa entzündlich verändert. Für einen M. Crohn sprechen Fisteln oder ein paralleler Befall des terminalen Ileums. Auch extraintestinale Symptome wie etwa eine Arthritis können die Verdachtsdiagnose CED unterstützen.

Allergisch oder toxisch

Eine relativ häufige Ursache einer Proktitis sind extern applizierte chemisch, thermisch oder medikamentös wirkende Agenzien. „In solchen Fällen führt eine genaue Anamnese schneller zur Ursache als die Proktoskopie und Histologie“, so Teich. Feuchttücher, paracetamolhaltige Zäpfchen, Selbsttherapien einer Obstipation mit Rhizinusöl oder Klistieren oder die Kondomgleitbeschichtung können eine Proktitis auslösen. Auch kann sie als Nebenwirkung einer antibiotischen Therapie auftreten. Ist der Auslöser identifiziert, so ist die Therapie einfach. Sie besteht im Weglassen des auslösenden Agens. Bei Abusus kommt evtl. auch eine Psychotherapie in Betracht.

Ischämische Proktitis bei Mangeldurchblutung

Eine nicht seltene Proktitisursache vor allem bei Älteren ist eine Mangeldurchblutung des Rektums. Eine solche ischämische Proktitis kann durch Arteriosklerose oder andere Gefäßerkrankungen sowie durch eine temporäre Hypotonie verursacht sein. Tritt die Proktitis akut in direktem zeitlichem Zusammenhang mit einem vaskulären Ereignis auf, ist die Diagnosestellung einfach. Schwieriger ist sie bei einer chronisch ischämischen Proktitis. Endoskopisch finden sich neben den entzündlichen Veränderungen auch nekrotische Schleimhaut oder weißliche Narben und Stenosen im Rektum. Die Patienten klagen meist über Durchfälle mit Blutungen und Schleimabgängen. Auch Schmerzen können auftreten. Eine notfallmäßige Resektion des ischämischen Rektumanteils ist nur selten notwendig.

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Proktitis nach Bestrahlung eines Prostatakarzinoms.

© Martin/spl/agentur focus

Therapie je nach Ursache

Bei Nachweis einer bakteriellen Infektion ist eine gezielte antibiotische Behandlung nötig. Bei CED gilt das übliche Stufenschema, wobei sich eine topische Anwendung des Mesalazin-Präparates oder des Steroids empfiehlt. Auch bei einer radiogenen oder ischämischen Kolitis ist eine lokale Therapie mit Mesalazin oder Kortikosteroiden als Zäpfchen, Schaum oder Einlauf wirksam. „Grundsätzlich kann jede Proktitis zunächst, also bis zum Vorliegen der histologischen oder mikrobiologischen Befunde, mit topischen Mesalazin-Präparaten behandelt werden“, empfahl Teich.