Dass Musik Wirkungen auf Herz, Kreislauf und Verhalten entfaltet, ist seit Längerem bekannt. Doch wie genau wirkt Musik? Hat sie psychische oder auch physiologische Wirkungen? Und gibt es eine ideale Musik für die Anwendung in der Medizin?
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_ Musik kann aufgrund seiner entspannenden Wirkung im Sinne einer Prämedikation vor Operationen eingesetzt werden, erklärte Prof. Hans-Joachim Trappe, Direktor der Kardiologischen Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum in Herne. In einer Studie erhielten 372 Patienten vor einem chirurgischen Eingriff als „Prämedikation“ Musik oder Midazolam. Die Wirkung wurde anhand eines Angst-Index evaluiert. „Sowohl vor als auch nach der Operation waren die Angstsymptome in der mit Musik vorbehandelten Gruppe signifikant geringer als unter Midazolam“, so Trappe.
Welche Musik erzeugt welche kardialen Effekte?
Untersuchungen bei gesunden Probanden zeigen, dass verschiedene Musikarten durchaus unterschiedliche Wirkungen entfalten können. „Schon das kurze Einspielen einer Bachkantate über 10 Sekunden führte zu einem länger anhaltenden Abfall des systolischen und diastolischen Blutdrucks und zu einer Abnahme des Gefäßtonus“, so Trappe. Eine Beethoven-Symphonie habe allerdings keine vergleichbaren Effekte gezeigt, da diese im Hinblick auf den Kompositionsverlauf und die Orchestrierung größere Schwankungen zeige.
Auch Schweine lieben Bach
Bisher galt die Meinung, dass Musikeffekte von der „Psyche“ und somit auch von der individuellen Konditionierung abhängig seien. Doch zweie prospektive randomisierte Studien konnten diese Hypothese jetzt widerlegen: In einer tierexperimentellen Studie wurden Schweine an drei Tagen für 21 Minuten im Abstand von 19 Minuten entweder mit Bach oder Heavy Metal beschallt und die dabei mittels eines Telemetriesystems erhobenen Befunde mit einer Kontrollgruppe ohne Beschallung verglichen. Analysiert wurden stressassoziierte Verhaltensweisen wie Wandspringen, Krampfen, Beißen und Herumirren sowie aktivitätsassoziierte Faktoren wie Fressen, Schnüffeln und Liegen. „Unter Bach kam es zu einem signifikanten Anstieg der aktivitätsassoziierten Merkmale, unter Heavy Metal dagegen zu einer deutlichen Steigerung der stressassoziierten Verhaltensweisen“, so Trappe. Unter der Heavy-Metal-Musik hätten die Versuchstiere eine starke Neigung zum Weglaufen entwickelt. Dieses Fluchtverhalten belege anschaulich die negativen Effekte dieser Musikgattung.
Heavy Metal wirkt wie Lärm
Die gleiche Studie wurde auch bei gesunden Probanden durchgeführt. Statt der Analyse bestimmter Verhaltensmuster wurden alledings die Kortisol-Spiegel und die Herz-Kreislauf-Parameter als Stressindikatoren bestimmt. „Die Bachkantate führte zu einer Abnahme des Kortisolspiegels, jedoch nicht Heavy Metal“, so Trappe. Die Kortisolwerte unter Heavy Metal hätten denen bei einer Lärmexposition entsprochen. Auch der Blutdruck nahm unter Barockmusik (im Schnitt um 7,5 mmHg systolisch und um 4,9 mmHg diastolisch) ab und die Pulsfrequenz sank um 7,4 Schläge/min. Heavy Metal dagegen führte nur zu einer geringen, nicht signifikanten Abnahme dieser Parameter.
Bach auf der Intensivstation
Auch bei den verschiedenen Komponisten klassischer Musik gibt es relevante Unterschiede im Hinblick auf die Beeinflussung kardiovaskulärer Parameter. „Am günstigsten wirkt Bach, schwächer wirksam sind Mozart und Strauss“, so Trappe. Auf einen kurzen Nenner gebracht könne man sagen: Klassik führt zu Aktivitätssteigerungen, Heavy Metal zu Stressverhalten. „Da kein Tier jemals Musik und/oder Geräusche gehört hatte, sind Konditionierungseffekte ausgeschlossen“, so Trappe. Auch die menschliche Psyche spiele für die Musikwirkungen keine wesentliche Rolle. Die vorliegenden Studien eröffnen ein neues Tor für therapeutische Anwendungen, z. B. auf der Intensivstation. „Es kann durchaus sinnvoll sein, Intensivpatienten mit Mozart oder Bach zu beschallen,“ so die Empfehlung von Trappe.
Literatur
Quelle: Seminarkongress Interdisziplinäre Intensivmedizin, Garmisch-Partenkirchen, 3.–8.3.2013
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Stiefelhagen, P. Bach, aber nicht Heavy Metal tut Herzpatienten gut. MMW - Fortschritte der Medizin 155, 24 (2013). https://doi.org/10.1007/s15006-013-0417-z
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