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© Möbius / Müller / Merkl

_ Halsschmerzen habe er schon seit einer Woche, erst beidseitig, dann mehr und mehr rechts, berichtete der 26-jährige Patient. Selbst als er nach drei Tagen kaum noch schlucken konnte, habe er sich nichts dabei gedacht. Ibuprofen habe die Beschwerden gelindert. Am Abend vor dem Praxisbesuch sei nun auch noch der Hals auf der rechten Seite angeschwollen.

Schon auf den ersten Blick fallen eine teigige, faustgroße Schwellung subaurikulär sowie die kloßige Sprache des Patienten auf. Fieber wird verneint. Eine Kieferklemme lässt sich nicht feststellen. Bei der Racheninspektion zeigen sich fleckige graue Beläge auf der rechten Tonsille. In der Sonografie der Halsweichteile läßt sich zwar ein Ödem des perimuskulären Bindegewebes im Sinne einer Lymphadenitis colli, jedoch keine Raumforderung darstellen.

Zur Zweitmeinung bzgl. einer chirurgischen Intervention bei abwendbar gefährlichem Verlauf eines Peritonsillarabszesses wird der Patient noch am gleichen Tag HNO-ärztlich vorgestellt. Dort wird unsere Verdachtsdiagnose einer einseitigen Tonsillitis mit Lymphadenitis bestätigt. Hinweise auf einen Peritonsillarabszess finden sich nicht.

Obwohl kein Erregernachweis vorliegt, passt die Anamnese und Klinik zu einer Angina Plaut-Vincent. Ausgelöst wird diese durch eine Mischinfektion aus Spirochäten (Treponema vincentii) und Fusobakterien (Fusobacterium nucleatum). Wegweisend ist die erhebliche Differenz zwischen subjektiven Beschwerden des Patienten (kein Fieber, kaum beeinträchtigtes Allgemeinbefinden) und objektivem Befund (massive Beläge der Tonsillen, übelriechend, erhebliche Weichteilschwellung).Therapeutisch ergibt sich kein Unterschied zur Tonsillitis. Eine Antibiose mit Penicillin V über zehn Tage ist angezeigt.

In unserem Fall wurde auf ein Antibiotikum der zweiten Wahl, Cefuroxim 500 mg 2 x 1, zurückgegriffen. Drei Tage später bildete sich die Schwellung zurück, sieben Tage später war der Patient beschwerdefrei.