_ Äußere Anwendungen werden von Patienten viel bewusster wahrgenommen als das Schlucken von Tabletten oder Injektionen in die Venen. Anwendungen können den ganzen Körper ansprechen oder nur lokal eine Wirkung auf den Organismus ausüben. Dieses Prinzip, so erklärte Dr. med. Harald Merckens, Filderstadt, ist sehr variabel sowohl im Hinblick auf die verwendeten Substanzen als auch hinsichtlich Ort und Art der Anwendung.

Sinnesqualität wichtiger als stoffliche Wirkung

Der stoffliche Durchtritt durch die Haut ist nicht immer das Entscheidende. Während die lipophilen ätherischen Öle durch die Haut aufgenommen werden, wirkt eine Packung aus Senfmehl durch den starken äußeren Reiz. „Somit kommt es hier mehr auf die Sinnesqualität des Stoffes an als auf die stoffliche Wirkung“, erklärte Merckens.

Eine wichtige Rolle spielen Wärme und Kälte. Als Beispiel für eine kalte Anwendung nannte Merckens eine Quarkauflage beim Erysipel oder bei entzündlichen Prozessen der Haut. Bei einem heißen Senfwickel erleben Patienten eine starke Durchwärmung. Doch erheblichen Anteil an der „Heilwirkung“ jeder äußeren Anwendung hat die menschliche Zuwendung, die damit verbunden ist.

Bernhard Deckers, Filderstadt, wies darauf hin, dass Patienten, die äußere Anwendungen bekommen sollen, die Möglichkeit haben sollten, vorher ohne Störung durch den hektischen Praxisbetrieb erst einmal zur Ruhe zu kommen. Gerade wenn Substanzen zum Einsatz kommen, die nur einen sanften Reiz ausüben, werden sie erst dann in der Lage sein, die Wirkung wahrzunehmen.

Senfmehl gegen Schmerzen

Deckers verwendet Packungen aus Senfmehl bei akuten Beschwerden beispielsweise im Bereich des Rückens oder bereitet damit auch gelegentlich ein Fußbad. Allerdings sollten Senfpackungen wegen der Reizung und Rötung der Haut auf wenige Minuten beschränkt und nur einmal am Tag appliziert werden.

Deckers berichtete von einem jungen Mann mit starken Schmerzen in der Flanke. Senfpackungen an drei Tagen im Bereich der Schmerzen hatten offensichtlich bereits nach kurzer Zeit zu einer deutlichen Linderung der Beschwerden geführt.

Ein warmer Brustwickel mit Lavendelöl scheint sich günstig auf einen Reizhusten auszuwirken und kann die ganze Nacht hindurch am Körper bleiben. Schachtelhalmtee kalt angesetzt und 20 Minuten lang gekocht, wird bei Menschen mit eingeschränkter Nierenfunktion genutzt, um die Nieren zu durchwärmen. Ein Wickel mit Schachtelhalmtee scheint auf diese Weise schmerzlindernd zu wirken und auch die Nierenfunktion zu verbessern. Bei akuten Entzündungen jedoch sollte, so Deckers, diese Form der äußeren Anwendung eher zurückhaltend eingesetzt werden.

Ingwer mit Tiefenwirkung

Während Senf eher die Hautoberfläche erwärmt, dringt die Wärme eines Ingwer-Nierenwickels mehr in die Tiefe. Die Erfahrung zeigt, dass Patienten durch den Wärmeeffekt einschlafen oder sich entspannen und sich anschließend umso frischer fühlen. Deckers nutzt diesen Wirkstoff, um die Wärmeregulation im Organismus anzustoßen und damit heilende Effekte hervorzurufen. Er berichtete über gute Erfahrungen bei Patienten mit Arthrose, bei denen Ingwer-Wickel Schmerzen und Schwellungen im Gelenkbereich verringerten.

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Kalte Quarkauflagen sollen bei Entzündungen helfen.

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