_ Boehringer Ingelheim investiert mit 24% seiner Umsätze mehr als viele andere Pharmafirmen in die Forschung und Entwicklung neuer Arzneimittel, berichtete der Vorstandsvorsitzende Prof. Thomas Barner. Die Firma beschäftigt 7000 Forscher. Über 200 sind alleine damit beschäftigt, neue Wirkstoffe gegen Erkrankungen der Atemwege zu finden.

Der wissenschaftliche Output ist sehenswert: In den letzten zehn Jahren hat Boehringer Ingelheim 1348 Studien in 111 Ländern durchgeführt. Obwohl die Forschung komplexer und die Hürden für eine Marktzulassung immer höher werden, setzen die Ingelheimer auch in Zukunft ihre ganze Kraft und Zuversicht in die Entwicklung innovativer Arzneimittel aus der eigenen Forschung, sagte Barner.

COPD

Gegen COPD forscht Boehringer Ingelheim nach einem idealen Kombinationspartner für Tiotropium (Spiriva®), der in Fixkombination einmal täglich gegeben werden kann. „Wir sind überzeugt, dass wir eine optimale Bronchodilatation erreichen, wenn wir den weltweit führenden LAMA (lang wirksamer Muskarin-Antagonist) mit einem ideal passenden LABA (lang wirksamer Beta-2-Agonist) kombinieren“, erklärte Prof. Florian Gantner, Leiter der Forschungsabteilung Atemwege.

24-stündige Wirksamkeit, schneller Wirkeintritt, mindestens so sicher wie die verfügbaren LABAs mit 12-stündiger Wirksamkeit, applizierbar mit dem Respimat — so lauten die Anforderungen. Der Wirkstoff Olodaterol erfüllt dieses Profil: Zusammen mit Tiotropium verabreicht bessert sich die Lungenfunktion deutlich mehr als unter der Tiotropium-Monotherapie, berichtete Gantner.

Einstweilen bleibt Tiotropium die Basistherapie. Wie die vorletztes Jahr publizierte große POET-COPD-Studie (Vogelmeier C. et al. N Engl J Med 2011; 364; 1093–1103) zeigte, war der LAMA (1 x 18 μg) gegenüber dem LABA Salmeterol (2 x 50 μg) bei 7376 Patienten mit mittelschwerer bis schwerer COPD im direkten Vergleich eindeutig überlegen in Bezug auf die Verhinderung von akuten Exazerbationen.

Neben dem Ansatz an der glatten Muskelzelle in den Bronchien erforscht Boehringer Ingelheim neun weitere Wirkstoffe, die bei COPD die Inflammation reduzieren oder den COPD-typischen Lungenumbau (Fibrose, Emphysem) aufhalten, ergänzte Gantner.

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Asthma bronchiale

Auch bei Asthma erweist sich Tiotropium als wirksam. Boehringer Ingelheim testet den LAMA nun bei allen Asthma-Schweregraden und in allen Altersgruppen, erklärte Dr. Bernd Disse, Boehringer Ingelheim. Zwei wichtige Studien sind bereits abgeschlossen und publiziert.

So zeigten die kürzlich publizierten PrimoTinA-Asthma-Studien (Kerstjens H, et al. N Engl J Med 2012; 367: 1198–1207) mit 912 Patienten, dass der LAMA das Risiko für Exazerbationen signifikant mindert, die Bronchien erweitert und die Lungenfunktion verbessert, wenn das Asthma durch inhalative Steroide in Kombination mit LABAs nicht kontrolliert ist.

In der sog. TALC-Studie (Peters SP, et al. N Engl J Med 2010; 363: 1715–26) waren bei 210 Asthmapatienten mit schlechter Krankheitskontrolle unter inhalativen Steroiden drei Strategien verglichen worden: Steroiddosis-Verdopplung, zusätzliche Therapie mit Salmeterol, zusätzliche Therapie mit Tiotropium. Der LAMA verbesserte dabei signifikant Lungenfunktion und Symptomkontrolle, wenn er zusätzlich zu ICS gegeben wurde. Die Wirksamkeit war Salmeterol ebenbürtig und deutlich besser als bei Dosiserhöhung der ICS.

Darüber hinaus hat Boehringer Ingelheim einen sog. CRTH2-Rezeptor-Blocker in klinischer Entwicklung. CRTH2 ist ein wichtiger Rezeptor an der Oberfläche von Leukozyten, der in der Pathogenese des Asthmas eine Rolle spielt und bei Mastzellen z. B. die IgE-Degranulation vermittelt.

Lungenfibrose

Zur Behandlung der idiopathischen Lungenfibrose (IPF) wurde der Tyrokinase-Hemmer Nintedanib entwickelt. In einer Phase-II-Studie mit 432 Patienten (Richeldi L et al. N Engl J Med 2011; 365: 1079–87) konnte die Substanz den Verlust der Lungenfunktion mildern, Exazerbationen verhindern und die Lebensqualität besser erhalten als Placebo. Phase-III-Ergebnisse werden 2014 erwartet.

Bronchialkarzinom

Afatinib ist der erste Tyrosin-Kinase-Hemmer, der irreversibel sämtliche EGFR-Kinasen blockiert. Die Substanz kann gezielt bei 25% aller Patienten mit nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinomen eingesetzt werden, die EGFR-Mutationen aufweisen. In der Erstlinientherapie konnte Afatinib in der LUX-Lung-3-Studie die Progression der Erkrankung gegenüber einer Standardchemotherapie in einem bisher unerreichten Ausmaß verzögern sowie die Symptome und Lebensqualität verbessern. Die Zulassung ist beantragt.