Unseren Lesern steht ein neuer Online-Service zur Verfügung: Unter www.springermedizin.de/mmw-sprechstunde erhalten Sie Rat in kniffligen Fällen. Unsere Experten, Prof. H. S. Füeßl und Dr. med. P. Stiefelhagen, beantworten — meist innerhalb von 48 Stunden — medizinische Fragen, die sich in Ihrem Praxisalltag ergeben.

Frage von Dr. med. I. H., Internistin:

Bei meinem Patienten ist ein Lichen ruber planus histologisch gesichert. Er klagt über einen starken Pruritus, aber am problematischsten ist die Mundschleimhautbeteiligung mit Schmerzen beim Essen und bei der Mundpflege. Sämtliche einschlägigen Laborparameter o. B.; eine Hepatitisinfektion ist ausgeschlossen, begleitende Erkrankungen sind nicht bekannt außer einer altersbedingten Osteopenie. Die Therapie mittels Glukokortikoid-Stoß (2 x) zeigte keinen Effekt. Gelbwurz besserte die Mundbeschwerden. Was tun?

MMW-Experte Dr. Stiefelhagen:

Die Standardtherapie des Lichen ruber sind topische Kortikoidcremes, die zwei- bis dreimal täglich aufgetragen werden. Bis zur vollständigen Abheilung können ein bis zwei Jahre vergehen. Bei einer schweren generalisierten Erkrankung kommen orale Kortikoide (z. B. 30–60 mg Prednison, ausschleichend über vier bis sechs Wochen) zum Einsatz. Auch für Retinoide, z. B. Acitretin (Neotigason®) in einer Dosierung von 25–50 mg, ist eine Wirkung beschrieben. Gleiches gilt für Immunsupressiva wie Azathioprin, Methotrexat, Cyclosporin und Azulfidine. Niedrig dosiertes Heparin ( 3–4 mg wöchentlich ) soll ebenfalls wirksam sein. In behandlungsresistenten Fällen wurde auch Thalidomid (100–200 mg täglich) erfolgreich eingesetzt.

Schmerzhafte Schleimhauveränderungen sprechen gut auf mehrmals täglich aufgetragene Tacrolimus-Salbe (Protopic®) an.

MMW-Experte Prof. Füeßl:

Die Therapie des Lichen ruber ist notorisch schwierig, viele Verfahren sind nicht streng evidenzbasiert. Bei der topischen Therapie sind an erster Stelle Glukokortikoide einzusetzen. Alternativ kommen eine lokale Kryotherapie, eine operative Abtragung oder eine lokale PUVA-Therapie in Frage. Zur Juckreizstillung eignen sich auch 0,5% Menthol oder 5%iges Polidocanol in Lotio alba aquosa. Beim Lichen ruber der Haut in Verbindung mit starkem Juckreiz wirken auch eine Bade-PUVA- oder systemische PUVA-Therapie sowie eine UVB-Bestrahlung. Zusätzlich sollten pflegende Ölbäder und rückfettende Emulsionen eingesetzt werden.

Für die systemische Therapie sind die am besten evaluierten Medikamente Acitretin (25–50 mg pro Tag) und Isotretinoin (0,3–0,5 mg/kg KG pro Tag), wobei hier besonders die teratogene Nebenwirkung der Therapie zu beachten ist. Daher ist für eine sichere Antikonzeption bei Frauen im gebärfähigen Alter zu sorgen. Bei Lichen ruber der Schleimhaut oder im Genitalbereich kann Cyclosporin A (1–5 mg/kg KG täglich) eingesetzt werden.

Bei ausgeprägtem Schleimhautbefall sollte man an eine extrakorporale Photochemotherapie denken. Vitamin-A-Säure 0,05% steht auch in Form eines Haftgels zur Verfügung.

Schmerzhafte erosive Läsionen im Mund sollten mit Lokalanästhetika gespült bzw. betupft werden. Eventuell können Gebisssanierungen oder Austausch von Zahnmetallen die Erkrankungserscheinungen lindern. Bei ulzerierenden Formen steht neuerdings die topische Applikation von Tacrolimus-Creme zur Verfügung.

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Prof. Dr. med. H. S. Füeßl Isar-Amper-Klinikum, München-Ost, Haar

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Dr. med. P. Stiefelhagen Westerwald-Klinik Hachenburg

Verläuft der Lichen ruber subakut oder akut exanthematisch, so sind Dosen von 20–40 mg Prednisolon täglich erforderlich. Bei therapierefraktären Verläufen wird alternativ Dapson, Azathioprin, Thalidomid oder Interferon alpha-2b empfohlen.

Zahlreiche andere Arzneimittel wie Antibiotika, Malariamedikamente, Vitamine, Tuberkulostatika und Antimykotika sowie sedierende Antihistaminika der 1. Generation und sogar Tranquilizer sprechen vor allem den Juckreiz an, zeugen aber auch von einer gewissen therapeutischen Ratlosigkeit. Niedermolekulares Heparin führte in einzelnen Fällen durch eine immunmodulierende Wirkung zur Abheilung.