Neulich wurde ich mit einer Meldung konfrontiert, die zumindest eine sehr ungewöhnliche Berufsbiografie darstellt: Eine Ärztin wird Opernintendantin in Köln. Auch wenn diese Stadt immer für karnevaleske Überraschungen gut ist, so ist ein solcher Wechsel von der Medizin zur Oper doch aufsehenerregend, und es stellt sich natürlich die Frage, was Frau Kollegin wohl veranlasst haben könnte, das „Medizintheater“ gegen das „Bühnentheater“ auszutauschen. Sicherlich wird es die kreative Leidenschaft sein, für die es in der Medizin wohl kaum Entfaltungsmöglichkeiten geben dürfte. Vielleicht glaubt sie aber auch mit einer schönen Inszenierung zumindest für das psychische Wohl vieler Menschen mehr tun zu können als ein Seelenarzt.

Ob sie allerdings diesen Berufswechsel getätigt hätte, wenn ihr die kürzlich veröffentlichten Ergebnisse einer schwedischen Studie bekannt gewesen wären, wage ich zu bezweifeln. Diese lauten nämlich: wer kreativ tätig ist, also singt, tanzt, schreibt oder schauspielert, erkrankt öfter an psychischen Leiden wie Schizophrenie, Depression oder Süchten als ein typischer Beamter. Genie und Wahnsinn sind also eng benachbart. Und bei schreibenden Berufen soll die Suizidrate sogar 50% über dem Durchschnitt liegen. Bisher ist mir kein Fall eines Suizids als Folge der besonderen beruflichen Herausforderung im Verlag bekannt geworden. Und auch bei mir selbst habe ich noch keine suizidalen Neigungen bemerkt. Und trotzdem bleibt die Frage: Was ist besser? Kreativ und suizidgefährdet oder lebenslänglich verbeamtet?

Und wie sieht es bei den Ärzten aus? Liegt unser Risiko, wahnsinnig zu werden, eher bei dem eines Schauspielers oder dem eines Katasterbeamten? Auch wenn man dieser Frage bisher nicht wissenschaftlich nachgegangen ist, bin ich mir doch sicher, dass die Rahmenbedingungen unseres Berufs, genauer gesagt die Regelungswut der Politiker und Kassenfunktionäre, uns langsam aber sicher alle in den Wahnsinn treibt. Vielleicht ist die Oper dann doch im Hinblick auf die eigene seelische Gesundheit die bessere Alternative.