figure 1

Prof. Dr. med. H. S. Füeßl Isar-Amper- Klinikum, Kl. München-Ost, Haar

_ Hydroxyethylstärke (HES) nimmt im Kapitel der Wissenschaftsfälschungen eine besondere Rolle ein. Ende 2010 wurde ein deutscher anästhesiologischer Chefarzt mit sofortiger Wirkung seines Amtes enthoben, weil er in 89 Fachartikeln günstige Daten über HES frei erfunden hatte. Die gute Meinung über HES beruhte also auf Fälschungen.

Nun wurde in einer randomisierten Studie an 7000 Patienten von Intensivstationen in der Krankenhäusern von Australien und Neuseeland gezeigt, dass 6%-ige HES mit einem Molekulargewicht von 130 kD gegenüber 0,9%-iger Kochsalzlösung als Volumenersatz nicht nur keine Vorteile, sondern möglicherweise sogar Nachteile hat. Im Verlauf von 90 Tagen verstarben von 3315 Patienten der HES-Gruppe 597 (18%), von 3336 der Kochsalzgruppe 566 (17%). Auch bei differenzierter Betrachtung der Mortalität in sechs prädefinierten Untergruppen ergaben sich keine Unterschiede.

7% der Patienten unter HES und 5,8% unter Kochsalz mussten sich einer Nierenersatztherapie unterziehen. Dieser Unterschied war statistisch eben signifikant. Unerwünschte Nebenwirkungen waren mit 5,3% vs. 2,8% hochsignifikant häufiger unter HES. Insbesondere beobachtete man Hauterscheinungen wie Juckreiz und Exantheme, was wahrscheinlich auf die Einlagerung der Mikropartikel in das retikuloendotheliale System zurückzuführen ist. Auf diese Weise kann es auch zu akuten Schäden an Nieren und Leber kommen.

Kommentar

Man kann einwenden, dass die Mortalität der Intensivpatienten in der Studie niedriger war als erwartet. Patienten mit intrakraniellen Blutungen und solche, die nach Einschätzung des aufnehmenden Arztes nicht überleben würden, wurden aus der Studie ausgeschlossen. Insofern mag die untersuchte Patientenpopulation nicht repräsentativ für alle schwerkranken Patienten von Intensivstationen und vor allem schwer verletzte Unfallopfer sein. Daher bleibt ein kleines Fragezeichen, ob HES bei solchen Patienten in der Erstversorgung am Unfallort nicht doch Vorteile besitzt. Wenn sie denn vorhanden sind, so werden sie allerdings durch klare Nachteile hinsichtlich möglicher Nierenschäden erkauft. Keine guten Jahre für HES: 2010 wurden die positiven Daten als Fälschung aufgedeckt, 2012 in einer seriösen Studie negative Daten publiziert.