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_ An einem kalten, nebligen November-Wochenende war ich Vertreter eines Kassenarztes im kassenärztlichen Notdienst. Am Freitagabend gegen 22:00 Uhr rief mich aus einem etwa zwölf km entfernten Ort ein Mann an, der mich wegen akuter Kreuzschmerzen bei seiner Frau anforderte. Nach einigen Verhandlungen, in denen er mich „in die Ecke trieb“, fuhr ich die zwölf km durch den Nebel. Das Ehepaar saß bei einem Bier vor dem Fernseher auf dem Sofa. Die Frau klagte über heftige Kreuzschmerzen, die seit zwei Tagen bestanden, sich aber angeblich in den letzten Stunden stark verschlimmert hätten. Bei der Untersuchung ergaben sich keine neurologischen Defizite, der Lasègue war bis etwa 40° schmerzlos möglich. Ich verordnete Wärmeapplikation und eine nicht steroidales Antirheumatikum, für das ich ein Rezept ausstellte. Der Mann bestand darauf, dass ich seiner Frau eine Spritze geben solle, was ich jedoch unter Berücksichtigung der relativ geringen Beschwerden und unter Hinweis auf die Risiken von i. m.-Injektionen verweigerte. Die Stimmung beim Abschied hatte sich nicht gerade verbessert.

Am Sonntagabend kam ich zufällig an der diensthabenden Apotheke unserer Kleinstadt vorbei und erkundigte mich, ob für Frau XY ein Rezept für Voltaren eingelöst worden sei. Die Apothekerin machte sich die Mühe und sah sämtliche Rezepte des Wochenendes durch. Eine Frau XY fand sich darunter nicht.