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Folge 84

© A. Klementiev/Fotolia

_ Alt werden ist nichts für Feiglinge, zumal wenn man oftmals die Hilflosigkeit des Säuglingsalters bewusst oder unbewusst erleben muss. Ich persönlich mache gegenwärtig die dritte Phase der Dentition durch, und das Einsetzen eines Dübels, im Fachjargon Implantat genannt, ist ebenso schmerz-haft und für die Umwelt belastend wie bei einem Säugling der Durchbruch der Zähne durch den Kiefer.

Man kann sich glücklich schätzen, in einer Zeit und einem Land geboren zu sein, wo ein Zahn auch zum dritten Mal wieder ersetzt werden kann, solange man das nötige „Kleingeld“ besitzt. Nach Überwinden des einem Schwaben angeborenen Spar-zwanges entschloss ich mich also zur schmerzhaften Prozedur des „Dübelns“. Nach dem Eingriff wurden mir zur Prophylaxe zwei Tabletten des Antibiotikums Clindamycin 600 gereicht. Anderntags war ich überrascht, dass meine chronisch persistierenden Rückenschmerzen spurlos verschwunden waren. Neugierig geworden, ob dieses Wunder eventuell in einem Zusammenhang mit dem Clindamycin stehen könnte, entschloss ich mich, das Antibiotikum noch drei Tage länger einzunehmen, wobei zu meiner Freude keinerlei Rückenschmerzen mehr auftraten. Ein Studium der Nebenwirkungen von Clindamycin 600 brachte dann des Rätsels Lösung: Als gelegentliche Nebenwirkung wurde eine Blockade der Übertragung von Nervenreizen auf die Muskeln beschrieben. Auf diese Weise hat mir der Kieferchirurg als medizinischer Wunderheiler zwei wundervolle, schmerzfreien Wochen beschert.

Zu einer Dauerheilung hat es allerdings leider nicht gereicht.