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Prof. Dr. med. H. Holzgreve Internist, Kardiologische Praxis, München

_ Das schwedische Register enthält 64 436 Patienten, die unter dem Verdacht eines akuten Koronarsyndroms angiografiert wurden. Bei 54 419 wurden signifikante Koronarstenosen diagnostiziert. Es folgte eine Einteilung in neun BMI-Gruppen zwischen < 18,5 und ≥ 35 kg/m2. In den folgenden 21 Monaten starben 3 018 (4,7%) Patienten.

Im Gesamtkollektiv bestand eine bemerkenswerte Korrelation zwischen Sterblichkeit und BMI: Patienten mit Untergewicht (< 18,5 kg/m2) hatten das höchste Sterberisiko, gefolgt von solchen mit Normalgewicht, während die Adipösen die beste Prognose hatten. Bei Patienten mit signifikanten Koronarstenosen und Katheterdilatation ergab sich das gleiche Bild: Bei untergewichtigen betrug die Mortalität 12,4%, bei übergewichtigen dagegen nur 3,9%. Im Vergleich mit der Referenzgruppe (BMI 21–23,5 kg/m2) schwankte das Sterberisiko nach Berücksichtigung zahlreicher Einflussfaktoren zwischen dem 0,66-fachen für die Übergewichtigen und dem 2,31-fachen für die Untergewichtigen. Bei Patienten, die einen Bypass erhielten oder konservativ behandelt wurden, waren die Differenzen geringer.

Kommentar

Zweifellos begünstigt Übergewicht schwerwiegende Erkrankungen wie Diabetes, Hypertonie, Herzinsuffizienz und Schlaganfall, die alle die Lebenserwartung verkürzen. Die gegenteilige Beobachtung, dass Übergewichtige und adipöse Patienten mit akuter Koronarischämie — unabhängig von der anschließenden Behandlungsstrategie — eine günstigere Prognose haben als normalgewichtige, ist keineswegs singulär. Gleiche Befunde gibt es auch bei Patienten mit Diabetes (Carnethon et al.: JAMA 2012), Hypertonie, Herzinsuffizienz, COPD und schweren Nierenerkrankungen. Das „Adipositas-Paradox“ scheint also ein allgemeines epidemiologisches Phänomen zu sein. Es gibt zahlreiche Erklärungsversuche. Viele scheinen durchaus plausibel, keine ist bewiesen. Allgemein gilt weiterhin das Gegenteil: Übergewicht ist schlecht. Und so empfehlen die Fachgesellschaften in ihren Leitlinien unverändert einen BMI < 25 kg/m 2 für die Sekundärprävention bei koronarer Herzkrankheit.