_ In meiner Praxis in einem abgelegenen Tal in Südtirol kommt es immer wieder zu Ereignissen, die im Nachhinein so unwirklich erscheinen, dass ich sie selber kaum zu glauben vermag. Die Leute in diesem Tal sind von ausgesuchter Herzlichkeit, aber auch Härte zu sich selber, so nach dem Motto „man muss den Schmerz aushalten“.

So auch kürzlich: Ein Patient wartete eine halbe Stunde in aller Gemütsruhe, bis er an die Reihe kam. Er war etwas im Windschatten unseres Sekretariates gesessen und so hatten ihn auch die anderen Kollegen wohl nicht gesehen. Der Mann, ca. 45 Jahre alt, hatte eine ca. 5cm große, unterhalbe des Kinnes klaffende Wunde, aus der es ordentlich auf sein Leibchen heruntertropfte, trotz Sacktuch, dass er sich draufhielt. Eine kleine Blutlache hätte sich wohl bald gebildet, wenn wir ihn nicht aufgerufen hätten.

Er meinte dazu nur, „Ich kann ja warten, so schlimm ist das ja alles gar nicht.“ Ein Teil der Melkmaschine habe ihn erwischt.

Die Wundversorgung ist Gott sei Dank ohne große Probleme und zügig verlaufen und die Wunde schön verheilt.