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Seit kurzer Zeit werden vermehrt hohe Legionellen-Kontaminationen in Trinkwasseranlagen von Privathaushalten festgestellt. Grund sind die umfangreicheren Kontrollen, die seit November 2011 vorgeschrieben sind. Über die Konsequenzen sprachen wir mit Prof. Thomas Löscher, dem Direktor der Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin der LMU München.
MMW: Wann ist zu befürchten, dass sich Legionellen im Trinkwasser breit machen?
Löscher: Legionellen sind immer um uns, im Erdboden, im Grundwasser. Problematisch wird es, wenn sie sich in Trinkwasser- oder Klimaanlagen ausbreiten. Das kann passieren, wenn das Wasser steht, etwa in toten Leitungen in Altbauten oder in größeren Klimaanlagen und Wasserspeichern mit wenig Durchfluss. Legionellen vermehren sich in warmem Wasser zwischen 25 und 50 °C in Ablagerungen und Biofilmen, vor allem wenn diese freilebende Amöben enthalten. In modernen Trinkwasseranlagen ohne Totvolumen und mit geringer Speicherkapazität ist praktisch keine Vermehrung möglich.
MMW: Welche Risiken gehen von legionellenkontaminiertem Wasser aus?
Löscher: Durch Aerosole, die beim Duschen oder durch Klimaanlagen entstehen, können die Legionellen auf den Menschen übertragen werden. Legionellen verursachen Infektionen der unteren Atemwege, die von leichteren Erkrankungen bis zu schwersten Pneumonien reichen. Andere Organe wie das ZNS können mitbetroffen sein, oft treten ausgeprägte Muskelschmerzen auf. Der Schweregrad der Erkrankung richtet sich auch nach dem infizierenden Serotyp. Bei der klassischen Legionärskrankheit durch Legionella pneumophila Typ 1 kann die Letalität 5–15% erreichen. Eine leichtere Form ist das Pontiac-Fieber, eine fieberhafte Bronchitis.
MMW: Stellt der Erreger auch für junge, gesunde Menschen eine Gefahr dar?
Löscher: In der Tat sind vor allem ältere und abwehrgeschwächte Menschen gefährdet. Aber beim Einatmen hoher Legionellenkonzentrationen können auch gesunde junge Menschen schwer erkranken.
MMW: Gibt es Zahlen, wie häufig Infektionen in Privathaushalten überhaupt sind?
Löscher: Bei den Fällen, die dem Robert Koch-Institut gemeldet werden, etwa 600–700 pro Jahr, handelt es sich fast ausschließlich um schwere Fälle aus dem stationären Bereich. Leichtere Pneumonien können ambulant behandelt werden und erfordern nur eine eingeschränkte Diagnostik, zu der kein routinemäßiger Legionellen-Test gehört. Daher lässt sich diese Frage nicht exakt beantworten. Ich gehe aber davon aus, dass es jedes Jahr mehrere Tausend Legionellen-Infektionen gibt. Untersuchungen auf Antikörper gegen Legionellen fallen immerhin bei 5–10% der Bevölkerung positiv aus.Nach Schätzungen des Kompetenznetzes ‚Ambulant Erworbene Pneumonie‘ CAPNETZ machen Legionellen-Pneumonien allerdings weniger als 5% aller Pneumonien aus.
MMW: Wie wird die Legionellen-Pneumonie behandelt?
Löscher: Die meisten Standardantibiotika wie Penicilline wirken nicht gegen die Legionärskrankheit. Mittel der Wahl sind die Atemwegschinolone Moxifloxacin und Levofloxacin, auch Makrolide wie Azithromycin sind wirksam. Bei Verdacht auf Legionellen-Pneumonie sollte insbesondere bei älteren Patienten mit Grunderkrankungen das Antibiotikum so gewählt werden, dass Legionellen mit abgedeckt sind. Bei schweren Verläufen ist es entscheidend, dass von Anfang an mit einem geeigneten Antibiotikum behandelt wird. Solche Fälle werden in der Regel im Krankenhaus behandelt, wo bei jedem Verdacht auch gleich eine spezielle Legionellendiagnostik gemacht werden sollte. Neben der zeitaufwändigen kulturellen und serologischen Diagnostik steht dafür heute auch ein Schnelltest zum Nachweis von Antigen im Urin zur Verfügung, der eine Infektion mit einer Sensitivität von 90% entdeckt.
MMW: Welche Präventionsmaßnahmen sind nötig, wenn eine Legionellen-Kontamination des Wassers festgestellt wurde?
Löscher: Wenn der Grenzwert von 100 koloniebildenden Einheiten pro 100 ml Wasser überschritten wird, sind Sanierungsmaßnahmen nötig. Vor dem Duschen sollte man das Wasser erst ablaufen lassen. Bei hohen Belastungen – über 10 000 KBE pro 100 ml – wird meist die Nutzung der Wasseranlage verboten bzw. eingeschränkt, z. B. mit einem Duschverbot; eine Sanierung ist dann umgehend erforderlich. Das Trinken von kontaminiertem Wasser ist normalerweise unbedenklich. Legionellen können durch Erhitzung auf mindestens 70 °C beseitigt werden. Vorbeugend sollte das Wasser in allen Leitungen regelmäßig auf mindestens 60 °C erhitzt werden.
Legionellen können nicht von Mensch zu Mensch übertragen werden. Das heißt, auch wenn ein Patient mit Legionellen-Pneumonie im Krankenhaus behandelt wird, sind keine besonderen Hygienevorschriften zu beachten.
■ Interview: Dr. Beate Schumacher
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Wie schützt man sich vor Legionellen?. MMW - Fortschritte der Medizin 154, 18 (2012). https://doi.org/10.1007/s15006-012-0977-3
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