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_ Frauen nehmen zwei- bis dreimal häufiger Psychopharmaka ein als Männer, steht im neuesten Arzneimittelreport. Bekannt ist das schon seit vielen Jahren. Als Erklärung wird die erhöhte Krankheitsanfälligkeit bei Frauen und die fehlende Krankheitsbereitschaft, besser gesagt Krankheitseinsicht bei Männern bzgl. psychischer Erkrankungen angeboten. Männer reden eben nicht über ihre Gefühle. Doch könnte es vielleicht auch damit zusammenhängen, dass für viele Frauen der männliche Partner ohne Psychopharmaka gar nicht zu ertragen ist, die „Sonnenbrille fürs Gemüt“ für das Gelingen der Partnerschaft also unverzichtbar ist.

In diesem Zusammenhang hat auch eine andere Untersuchung Aufsehen erregt. Ein Forscherteam von der Universität Freiburg i. Br. hat herausgefunden, dass gestresste Männer heute weniger aggressiv reagieren, ja sogar in solchen Situationen in stärkeren Maße soziales Annäherungsverhalten i. S. eines beschützenden und sogar Freundschaft anbietenden Verhaltens zeigen. Damit haben sie ein altes Dogma widerlegt. Diese neue Erkenntnis dürfte für Frauen, die bisher ein Psychopharmakon mit der Indikation „Mann“ eingenommen haben, durchaus von besonderer Bedeutung sein. Sie sollten jetzt den Mut für einen Auslassversuch haben, einfach mal sehen, ob es auch ohne geht, und wenn ja, wie lange.

Leider haben die Freiburger Wissenschaftler nicht berücksichtigt, dass bei der männlichen Wesensveränderung auch pharmakologische Einflüsse, also Psychopharmaka eine Rolle gespielt haben könnten. Denn auch Männern wird, zwar nicht so häufig wie Frauen, aber doch immer häufiger ein stimmungsaufhellendes Medikament verschrieben, sehr wahrscheinlich auch, um partnerschaftstauglicher zu werden. Deshalb sollte „sie“ mit detektivischem Spürsinn dieser Frage zunächst nachgehen, bevor man eine Spontanheilung annimmt.

Was ergibt sich aus all dem: Eine Doppeltherapie mit Psychopharmaka bei Mann und Frau muss auf jeden Fall vermieden werden, denn dies dürfte eine Übertherapie darstellen und die Partnerschaft in Harmonie ersticken lassen. Andererseits wird wohl der Selbstversuch in den meisten Fällen zeigen, dass es ganz ohne pharmakologische Partnerschaftstherapie auch nicht geht. Bleibt also nur die Frage, soll er oder sie die Pille nehmen?