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Prof. Dr. med. H. S. Füeßl Isar-Amper-Klinikum, Kl. München-Ost, Haar

_ In einem amerikanischen Krankenhaus fielen 2007/2008 drei Fälle von Hepatitis C bei Patienten ohne erkennbare Risikofaktoren auf. Molekulargenetische Untersuchungen ergaben, dass es sich dabei um denselben Virusstamm handelte. Die Akten der Patienten wurden daraufhin sorgfältig auf ein mögliches Risiko für eine iatrogene Hepatitis-C-Infektion ausgewertet. Insbesondere achtete man darauf, zu welchem Zeitpunkt der Patient von welchem Mitglied des Personals ein Narkotikum verabreicht bekommen hatte.

Die Recherchen konzentrierten sich bald auf die Röntgen-Abteilung, wo alle drei Patienten im Rahmen einer interventionellen Untersuchung potenziell von einem der 21 dort beschäftigten radiologischen Assistenten Fentanyl bekommen hatten.

Nach intensiven Befragungen des gesamten Personals gab schließlich ein Assistent zu, dass er seit 2004 immer wieder einmal Fentanyl zum Eigengebrauch abgezweigt hatte. Er verwendete dazu zwei verschiedene Methoden. Zum einen holte er Spritzen aus dem Abfallbehälter für scharfe Gegenstände und injizierte sich Fentanyl-Reste, die sich in einzelnen Spitzen befanden. Diese Technik bedeutete allerdings keine Gefährdung von Patienten. Manchmal verwendete er aber auch vorbereitete Spritzen, steckte eine feinere Kanüle auf, injizierte sich einige Milliliter selbst, ersetzte das Volumen durch Kochsalz und steckte die größere, ursprüngliche Nadel wieder auf die Spritze. Auf diese Weise musste es zur Kontamination von Spritzen gekommen sein, mit denen dann die Patienten infiziert wurden. In der Abteilung wurden auch noch Benzodiazepine und Hydromorphon verwendet. Von diesen Substanzen zweigte der Assistent aber nichts für sich ab.

Der Assistent war selbst mit HCV infiziert, wobei sein Virus eine hohe genetische Konkordanz mit den Viren der drei infizierten Patienten aufwies. Ein aufwändiges Screening-Programm an 4000 Patienten, die zwischen 2004 und 2010, das heißt bis zur Entlassung dieses Assistenten, in der Abteilung behandelt wurden, erbrachte zwei weitere Patienten, die auf diese Weise mit HCV infiziert worden waren.

Kommentar

Abgesehen von diesen vier Fällen wurden bislang in den USA nur vier weitere HCV-Übertragungen infolge Abzweigung von Narkotika durch Krankenhauspersonal berichtet. Eigentlich erstaunlich wenig, wenn man bedenkt, dass in einer Umfrage der amerikanischen Behörde für Drogenmissbrauch und psychische Gesundheit immerhin 4% einer repräsentativen Stichprobe von Krankenhauspersonal den Gebrauch illegaler Drogen zugab. In der Szene in Deutschland sind derzeit besonders gebrauchte Fentanyl-Pflaster in Altenheimen gefragt, die man aus dem Abfalleimer holt. Wenigstens werden dadurch keine Patienten gefährdet!