figure 1

Prof. Dr. med. H. S. Füeßl Isar-Amper-Klinikum, Kl. München-Ost, Haar

_ In einer Internetbefragung wurden 297 amerikanische Ärzte, die sowohl ambulante wie auch stationäre Patienten behandelten, und 115 ausschließlich ambulant tätige Ärzte im Jahr 2011 zu verschiedenen Szenarien über den Effekt von zwei hypothetischen Screeningtests befragt. In einem Szenario bewirkte der Screeningtest eine verbesserte 5-Jahres-Überlebensrate und eine erhöhte Früherkennungsrate; im anderen zeigte der Test einen Rückgang der Mortalität an einem Karzinom bei gleichzeitig gestiegener Inzidenz. Ohne dies ausdrücklich zu erwähnen, verwendete man dabei die zu diesem Zeitpunkt bereits publizierten Zahlen großer Studien zum PSA-Screening des Prostatakarzinoms

Die Ergebnisse zeigen, dass Ärzte offensichtlich allein durch große Zahlen und Zahlensprünge zu beeindrucken sind. Sie fanden es sehr wichtig, wenn durch Anwendung des Screeningtests die 5-Jahres-Überlebensrate von 68 auf 99% anstieg, obwohl diese Erkenntnis irrelevant ist. Die wichtigere Erkenntnis, dass durch den Test die karzinombezogene Mortalität von 2 auf 1,6/1000 Personen gesenkt werden konnte, stieß dagegen auf weniger Begeisterung.

Mit basalen statistischen Kenntnissen scheint es nicht sehr gut bestellt zu sein, da 76% der mit den irrelevanten Daten gegenüber 81% der mit den relevanten Belegen konfrontierten Ärzte für beide Szenarien behaupteten, dass damit der Beweis geführt sei, das Screening Leben retten würde. Knapp die Hälfte der Ärzte war der irrigen Ansicht, dass das Aufspüren von Karzinomfällen durch Screening im Vergleich zur nicht gescreenten Bevölkerung ein Beleg dafür sei, dass Screening Leben rettet.

Kommentar

Ob diese fehlerhaften Einschätzungen nur durch mangelnde statistische Kenntnisse bedingt sind oder Ärzte (und auch die meisten Patienten) die Idee des Screenings aus vielerlei Gründen einfach nur attraktiv finden, sei dahingestellt. Der moderne Mensch betrachtet sich in Analogie zur Technik gerne als Maschine, die regelmäßig durchgecheckt werden muss. Mit dem Auto gehen wir ja auch zum Kundendienst. Für das Krebsscreening hat sich nun einmal die Regel ins kollektive Bewusstsein eingebrannt: je früher, desto besser.