_ Sie war wieder einmal Thema auf dem diesjährigen Deutschen Ärztetag, die Klage über die Bürokratie in unseren Praxen. Natürlich wurden die üblichen Verdächtigen angeprangert, die Krankenkassen. Was ja größtenteils auch stimmt, wenn es um Umfang und Anzahl von Anfragen geht.

Andererseits sind Bundesmantelverträge und Vordruckvereinbarungen ja schließlich zwischen unserer eigenen Standesvertretung, der KBV, und den Spitzenverbänden der Krankenkassen abgeschlossen worden. Doch das soll hier nicht vertieft werden.

Bürokratie aus politischen Vorgaben

Die Politik hat mit ICD-10, „Kassen“-Gebühr (die fälschlicherweise als Praxisgebühr bezeichnet wird), dem Punktesystem für unsere Fortbildungsverpflichtung und dem faktisch akribischen Dokumentationszwang, den wir betreiben müssen, um uns im Fall von Regressforderungen schützen zu können, auch einen gewaltigen Anteil an Bürokratie in unseren Praxen zu verantworten.

Manchmal würde eine 0 reichen

Hier soll nun die Rede von einem fünfstelligen EBM-Ziffernschlüssel sein, wo eine bis maximal drei Stellen in der Regel — Labor mag eine Ausnahme sein — zur eindeutigen Abrechnung einer Leistungsposition genügen würden. Der absolute Gipfel ist die Pseudoziffer „99990“, die einen Arzt-Patienten-Kontakt ohne berechnungsfähige Leistungen codiert. Würde da nicht schlicht eine „0“ genügen, die auch noch Symbolcharakter hätte? Hochgerechnet ließen sich durch weniger Zifferneingaben viele Arbeitsstunden in deutschen Arztpraxen einer sinnvolleren Verwendung zuführen.

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Nicht nur die Bürokratie, auch ein PC kann furchtbar nerven.

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Wie viel Zuwendung will Ihr PC?

Ein ganz anderes Thema sind „unnötige Mausklicks“, die uns das Leben schwer machen. Wie zum Beispiel die Abfrage: „Wollen Sie wirklich speichern?“ Die Aktivierung einer Labordatenfernübertragung bedarf in einem bestimmten Praxisverwaltungssystem fünf Mausklicks. Zum Ende kommt die Abfrage: „Wollen Sie die Laborferndatenübertragung wirklich verlassen?“

Mit konstanter Boshaftigkeit wird standardmäßig die Arztnummer eines Arztes angeboten, der längst nicht mehr in der Praxis tätig ist. Wieder zwei unnötige Mausklicks. Die Liste der unnötigen Mausklicks ist noch sehr lang — prüfen Sie mal Ihr Praxis-EDV-System — und scheuen Sie nicht vor Verbesserungsvorschlägen zurück!

Schöne neue Online-Welt: Ausdrucken!

Sage und schreibe 92(!) Formulare sind in meinem Arztpraxisverwaltungsprogramm hinterlegt. Warum kehrt hier nicht mal jemand mit einem eisernen Besen? Überweisen Sie eigentlich auch Ihre Rechnungen selbst? Bei manchen Lieferanten sind die Rechnungsnummern bis zu 15-stellig, teilweise mit zehn führenden Nullen. Es ist eine Zumutung, den Verwendungszweck so zu komplizieren — sprechen Sie darüber mit Ihrem Lieferanten.

Zu hinterfragen ist auch, warum bei der Quartalsabrechnung, die ja bekanntlich online übermittelt wird, noch Listenausdrucke erfolgen müssen, die dann noch auf dem Postweg zu versenden sind. PDF-Dateien lassen sich doch, weiß Gott, online übermitteln. Sicher fallen Ihnen weitere Beispiele für hausgemachte Bürokratie ein. Finden Sie sich nicht damit ab, gehen Sie dagegen an. Die Chancen, dass dies gelingt, sind leider nicht sehr groß.

Denn wie hat C. Northcote Parkinson in seinem 1955 veröffentlichten „Parkinsonschen Gesetz zum Bürokratiewachstum“ analysiert: „Arbeit dehnt sich genau in dem Maß aus, wie Zeit für ihre Erledigung zur Verfügung steht.“ Da darf hintergründig auch gefragt werden, ob die Einstellung von „Dokumentationsassistenten“ — zum Beispiel in Krankenhäusern — der richtige Weg zur Eindämmung der Bürokratie ist.