_ In praktisch allen Lebensbereichen setzt sich der Mensch photosensibilisierenden Substanzen aus. Die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA listet mehr als 800 unterschiedliche Substanzen bzw. deren Kombinationen auf, angefangen von Inhaltsstoffen in Seifen, Deos oder Kosmetika über Farbstoffe und Konservierungsmittel bis hin zu Medikamenten (Levine J. US Food and Drug Administration, publ. in Looking Fit, Febr 2005).

Auf dem deutschen Markt sind derzeit nach aktuellem Kenntnisstand nahezu 300 systemisch oder topisch angewandte Arzneimittel mit photosensibilisierenden Eigenschaften bekannt. Hierzu gehören u. a. Diuretika, Antiarrhythmika, nicht steroidale Antiphlogistika sowie antibakterielle Substanzen, aber auch zahlreiche Antidepressiva einschließlich SSRI.

Johanniskraut-Extrakte werden häufig als Paradebeispiel für phototoxische Präparate — sog. Photosensibilisatoren — angeführt. Wegbereiter dieser landläufigen Vorstellung dürfte das bei Weidetieren nach Aufnahme exzessiver Johanniskraut-Mengen beobachtete Intoxikationsbild des Hypericismus sein. Beim Menschen wird das photosensibilisierende Potenzial von Johanniskraut allerdings häufig überschätzt. Lediglich bei wiederholter Gabe sehr hoher Hypericum-Extrakt-Konzentrationen oder reinen Hypericins, wie sie z. B. in der antiretroviralen Therapie von HIV-Patienten zum Einsatz kommen (off-label), könnte mit einer erhöhten Lichtempfindlichkeit der Haut zu rechnen sein. Die für die antidepressive Behandlung relevanten Dosierungen (900 mg pro Tag) sind dazu aber i. d. R. viel zu gering. Deshalb wurde bisher auch nur sehr selten über eine erhöhte dermale Lichtempfindlichkeit unter Sonneneinwirkung berichtet.

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Das photosensibilisierende Potenzial von Johanniskraut wird häufig überschätzt.

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Diese marginale Inzidenz wird von einer Studie untermauert, in der der hoch dosierte Hypericum-Extrakt Laif® 900 einmal täglich über einen Zeitraum von zwei Wochen bei 20 gesunden männlichen Probanden zum Einsatz kam (Schulz HU et al. Arzneim-Forsch/Drug Res 2006;56: 212–221). Als Maß für die dermale Lichtempfindlichkeit wurde vor Behandlungsbeginn und nach Einnahmeende die minimale Erythem-Dosis (MED) mithilfe eines Erythem-Testers bestimmt. Es zeigte sich keine statistisch signifikante Differenz der Photosensitivität zwischen Baseline und nach 14-tägiger Medikation.