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Entspannungstechniken haben für Dipl.-Psych. Charles Kimelman, Schmerzpsychotherapeut an der Schmerzklinik des Caritasklinikums Saarbrücken, seit langem einen festen Platz im multimodalen Schmerztherapiekonzept.
MMW: Für welche Schmerzpatienten sind Entspannungstechniken geeignet?
Kimelmann: Grundsätzlich profitiert jeder Schmerzpatient davon, selbst wenn seine Schmerzen einen somatischen Schwerpunkt haben. Bei den einen werden Entspannungstechniken als flankierende Maßnahme eingesetzt, bei den anderen sind sie Kernstück der Therapie. Letzteres trifft vor allem auf Patienten mit chronischen Rückenschmerzen, Kopfschmerzen oder Fibromyalgie zu.
MMW: Welche Techniken präferieren Sie?
Kimelmann: Meine Lieblingsmethoden sind die klinische Hypnose und die Hypnotherapie. Diese Verfahren lassen sich selbst mit Schwerstkranken problemlos durchführen, und sie entfalten eine antinozizeptive Wirkung auf spinaler Ebene. Schmerztherapie wird für den Patienten somit direkt spürbar. Die Schmerzen lassen meist innerhalb einer Sitzung deutlich nach. Das ist mit anderen Verfahren so gezielt nicht möglich. Ein weiterer wichtiger Punkt: Ich kann dem Schmerzpatienten nicht nur bei seinem Schmerz helfen, sondern gleichzeitig psychische Komorbiditäten mitbehandeln, wie Ängste, Depressionen oder Schlafstörungen. Ich arbeite aber auch gerne mit modernen Biofeedback-Methoden oder mit Techniken der Imagination. Inzwischen ist auch die progressive Muskelentspannung ein gängiges Verfahren sowie die verschiedenen meditativen Techniken, die unter dem Begriff der „Achtsamkeit“ von sich reden machen.
MMW: Wie lässt sich die Akzeptanz bei den Patienten verbessern?
Kimelmann: Es ist von Vorteil, in einem Team zu arbeiten, in dem alle Kollegen über Entspannungstechniken Bescheid wissen. Im Rahmen der sog. Edukation wird dem Patienten erklärt, was das biopsychosoziale Schmerzkonzept überhaupt ist und wieso es sich bei der Schmerztherapie um einen Lernprozess handelt. Ganz entscheidend ist, den Patienten aus seiner passiven Rolle zu befreien und zu betonen, wie wichtig das eigene Tun für die Schmerzbekämpfung ist.
MMW: Wie wirken Entspannungstechniken?
Kimelmann: Eine wichtige Wirkung dieser mentalen Methoden ist die auf das vegetative Nervensystem. Der Patient lernt Kontrolle über Muskel- und Gefäßspannung, also allgemein über die Körperregulation zu bekommen. Zudem erzielt man eine affektive Indifferenz, d. h. die Patienten werden gelassener oder — wenn man so will — dickfelliger. Nicht zu verkennen ist auch die mentale Frische, die nach dem Üben einsetzt, das Gefühl des „Ausgeruht-Seins“. Das ist vor allem deshalb wichtig, da viele Patienten mit Regenerationsproblemen und Schlafstörungen zu kämpfen haben. Außerdem erhöhen sich die Wahrnehmungsschwellen: Die Patienten werden weniger ablenkbar und störbar. Mit der Hilfe zur Selbsthilfe verbessert sich auch die Selbstwirksamkeit und die Resilienz, die wichtig zur Gesunderhaltung sind.
Interview: Dr. Dagmar Kraus
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„Raus aus der Passivität“. MMW - Fortschritte der Medizin 154, 23 (2012). https://doi.org/10.1007/s15006-012-0662-6
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