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Prof. Dr. med. Johannes R. Bogner Infektionsambulanz/Med. PoliklinikKlinkum Innenstadt der LMU München

_ HIV-Spezialisten werden für ihre Patienten immer mehr zum Präventiv- und Allgemeinarzt — und Hausärzte sollen sie dabei unterstützen: so das Motto der diesjährigen Akte AIDS. Wenngleich die HIV-Infektion inzwischen effektiv behandelt werden kann, ergeben sich aus der Pathogenese und der langen Behandlungsdauer zusätzliche Fragen und Aufgaben. Diese gruppieren sich um das zunehmende Alter der Patienten sowie die Komorbiditäten.

Aber beginnen wir mit den Erfolgen der Therapie: Nicht nur die Überlebenszeit nähert sich derjenigen von nicht Infizierten an, sondern auch die Einfachheit und Verträglichkeit der Therapie unterstützen zunehmend Patienten und Ärzte. Das Stichwort ist hier „Single-Tablet-Regime“ (STR) (S. 17).

Ein großer Teil der HIV-infizierten Frauen befindet sich im Reproduktionsalter. Unter der Voraussetzung einer erfolgreich behandelten HIV-Infektion sind Schwangerschaft und Geburt schon seit langem kein Problem mehr. Neu ist die Erkenntnis, dass eine Sectio nicht als einziger empfohlener Weg für die Geburt zur Verfügung steht. Die Sicherheit und die Bedingungen für eine Spontangeburt bei HIV-infizierten Müttern sind Gegenstand des Beitrags ab S. 20.

Am anderen Ende des Lebens steht das Alter, dem sich die HIV-Forschung ebenfalls zuwendet. Alle beobachteten Kohorten haben ein zunehmendes Durchschnittsalter, und in Deutschland sind etwa ein Drittel der HIV-Infizierten über 50 Jahre alt. Daten hierzu und zur Besonderheit der ärztlichen Betreuung werden ab S. 26 erörtert.

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Aus der Pathogenese und langen Behandlungsdauer der HIV-Erkrankung ergeben sich neue Fragen und Aufgaben.

© John Cole / SPL / Agentur Focus

Mit zunehmendem Alter steigt auch die Zahl von kardiovaskulären Risikofaktoren und entsprechenden klinischen Ereignissen wie Myokardinfarkt und zerebralem Insult. Welche Besonderheiten durch die HIV-Erkrankung selbst und deren Therapie entstehen, ist Gegenstand der Ausführungen ab. S. 30.

Zu den Risikofaktoren gehört auch die Hypercholesterinämie. Da sie nicht nur durch die Ernährung ausgelöst wird, stellt sich bei der HIV-Therapie häufig die Frage: Welche Kombination kann sich relativ günstig auf die bestehende Hypercholesterinämie auswirken, und welche Cholesterinsenker sind „erlaubt“ in Bezug auf Interaktionsmöglichkeiten mit HIV-Therapeutika, insbesondere aus der Klasse der Ritonavirgeboosterten Proteaseinhibitoren (S. 34)?

Wenn in den Gefäßen zu viel Kalk ist, kann bei HIV gleichzeitig im Knochen zu wenig Mineralsalz vorherrschen. Zusammenhänge mit der Nierenfunktion, dem Vitamin-D-Stoffwechsel und weiteren Kofaktoren werden ab S. 37 aufgezeigt.

In Deutschland ist zwar die Rate an HIV-Hepatitis-Koinfektionen mit 10–15% niedriger als in Südeuropa. Diese Konstellation ist aber hinsichtlich des beschleunigten Hepatitisverlaufs und der drohenden Konsequenzen wie Zirrhose und Lebertumoren wichtiger geworden. Die Therapie der HCV-Koinfektion sollte im Prinzip bei jedem HIV-Patienten in Erwägung gezogen werden. Auf welchen Daten das beruht, wird ab. S. 42 erläutert. Für den Genotyp 1 der HCV-Infektion ist eine entscheidende Verbesserung der Heilungsaussichten zu verzeichnen.

Sowohl die fortgeschrittene HIV-Infektion als auch die Therapie mit Nukleosiden kann eine periphere Neuropathie auslösen. Hinzu kommt die Zoster-Neuralgie, die als Restzustand nach Zostererkrankung bei HIV-Infizierten überrepräsentiert sein dürte. Patienten, die schon in den 1980er- und 90er-Jahren mit den damaligen HIV-Therapien versorgt wurden, stehen heute manchmal vor dem Problem einer kaum beherrschbaren schmerzhaften Neuropathie. Ein Patientenbeispiel zeigt einen hoffnungsvollen Ansatz auf (S. 47).

Wir spannen diesmal einen Bogen von der Geburt bis zum Altwerden, von Langzeittherapieerfolgen bis zur modernen STR-Therapie.