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Hi-Viren unter dem Elektronenmikroskop.

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_ Eine Impfung gegen HIV bleibt wohl noch lange eine Vision, eine Heilung von HIV ist dagegen wieder Gegenstand wissenschaftlicher Debatten. Latent infizierte T-Zellen, eine residuale virale Replikation und anatomische Reservoire sind jedoch die Hürden mit den bisher verfügbaren HIV-Medikamenten.

Krebsmedikament aktiviert ruhende T-Zellen

Die residuale virale Replikation durch eine Therapieintensivierung zu hemmen, ist bisher gescheitert. Vielversprechender scheint der Ansatz zu sein, die ruhenden infizierten T-Zellen zu aktivieren, damit sie wieder HIV replizieren, und danach die Vermehrung des Virus mit den verfügbaren HIV-Medikamenten zu hemmen. Dr. David Margolis von der Universität North Carolina, Chapel Hill/USA, verwies auf Studien mit der Substanz Vorinostat, die ruhende Gene aktivieren kann, indem sie die Histon-Deacetylase hemmt. Bei vier Patienten, die eine erfolgreiche HIV-Therapie erhielten und deren Viruslast im Blut nicht nachweisbar war, führte eine Einmalgabe von 400 mg Vorinostat zu einem Anstieg der HIV-RNA.

Mit Gentherapie HIV heilen?

Ein ebenso vielversprechender Ansatz ist die gentechnische Manipulation der Eintrittspforten für HIV, den CCR5-Rezeptoren der CD4-Zelle. Dr. Dale Ando, Vizepräsident der kalifornischen Bioscience-Firma Sangamo, stellte vor, wie künstlich hergestellte Restriktionsenzyme, so genannte Zinkfingernukleasen, in Adenovektoren eingebaut und verwendet werden (SB-728-T). Zinkfingernukleasen deaktivieren das Gen für den CCR5-Rezeptor der CD4-Zellen. Aus Blut gewonnene CD4-Zellen werden mit SB-728-T behandelt und wieder transfundiert. Nach einer einmaligen Injektion dieser autologen, genetisch veränderten CD4-Zellen bei neun HIV-Patienten fand ein anhaltendes Engraftment statt, die Gesamt-CD4-Zellzahl stieg und bei drei von sechs Patienten sank die Viruslast um 0,8 bis > 2 Logstufen.

Laut Prof. Jan van Lunzen, UKE Hamburg, wird wahrscheinlich nur eine Kombination von Aktivierung der latenten Reservoire, Immunmodulation und Hemmung der residualen Replikation eine Heilung von HIV ermöglichen.

Aktuelle Therapiestrategien

Heutzutage haben HIV-Patienten auch ohne Heilung bereits gute Chancen für eine nahezu normale Lebenserwartung, Voraussetzung ist jedoch, dass sie lebenslang die HIV-Medikamenten regelmäßig einnehmen und dass die Medikamente möglichst wenig Langzeitnebenwirkungen verursachen. In der Praxis gehe es darum, dass vor allem die Firstline-Therapie so lange wie möglich eingenommen wird, betonte Bogner.

Eine Standardtherapie besteht nach wie vor aus drei Medikamenten: Basis sind zwei Nukleosid- bzw. Nukleotidanaloga (NRTI) kombiniert mit einer dritten Substanz aus der Klasse der nicht-nukleosidalen Reverse Transkriptasehemmer (NNRTI), der Proteasehemmer (PI) oder der Integrasehemmer (INI). Insbesondere der Stellenwert des bisher einzigen Integrasehemmers Raltegravir hat sich in der Firstline-Therapie aufgrund aktueller Vier-Jahres-Daten weiter gefestigt. In der nach wie vor verblindeten und bis fünf Jahre laufenden Studie STARTMRK sei Raltegravir dem bisherigen Goldstandard, dem NNRTI Efavirenz, nach vier Jahren sogar virologisch und immunologisch überlegen und war nach wie vor sehr gut verträglich, berichtete Bogner.

Immer drei Medikamente?

Um Langzeitnebenwirkungen, zu komplexe Therapieregime und Kosten zu vermeiden, wurde und wird in zahlreichen Studien untersucht, ob eine Therapie immer aus zwei NRTIs und einer dritten Substanz bestehen muss. Basis ist dabei meist ein geboosterter PI (PI/r), der z. B. bei therapienaiven HIV-Patienten mit einem Integrasehemmer oder einem CCR5-Antagonisten kombiniert und diese duale Therapie gegen die herkömmliche Kombination PI/r plus zwei NRTIs verglichen wird. Untersucht wird auch eine Deeskalation, bei der die Therapie auf eine PI/r-Monotherapie umgestellt wird. Bisher sind laut Prof. Hans-Jürgen Stellbrink, Hamburg, diese Strategien nur in Einzelfällen eine Option, Langzeitdaten fehlen noch.