_ Etwa 1000 Ausbildungsverträge zur Medizinischen Fachangestellten werden jedes Jahr alleine in Hessen abgeschlossen. Zu denen, die seit mehr als 20 Jahren erfolgreich neue Kräfte ausbilden, gehört Dr. Karl Heinz Baumgartl, Facharzt für Innere Medizin und Nephrologe in Pfungstadt, einem Ort mit 25 000 Einwohnern nahe Darmstadt. Für ihn ist es eine Verpflichtung, die er ernst nimmt: „Ausbilden heißt auch, dass man Zeit investiert.“

MFA ist ein Stressberuf

Karl Heinz Baumgartl, 1955 geboren, ist ein Mannschaftsspieler. Er arbeitet seit 1990 in einer Gemeinschaftspraxis und ist Mitgründer eines Dialysezentrums in Darmstadt. Dr. Baumgartl verträgt sich gut mit seinen beiden Kollegen Dr. Heide Fröhner, einer hausärztlichen Internistin, und dem Gastroenterologen Dr. Ulrich Ehrle. „Wir sind uns einig — und das ist auch ein Grund, warum es im Praxisteam nicht zu Verwerfungen kommt“, sagt Baumgartl.

Zum Team gehören neben den drei Ärzten acht Mitarbeiterinnen in Voll- und Teilzeit, darunter zwei Auszubildende und eine Praxismanagerin.

Baumgartl schätzt ihre Arbeit. Es gebe Vormittage, an denen sein Team mehr als 400 Patientenkontakte verwaltet, samt Anfragen per Telefon oder Mail. Die Mitarbeiterinnen an der Rezeption sind erste Anlaufstelle für gefrustete oder unzufriedene Patienten. „Sie sind die Prellböcke, die alles abfangen.“

Auch den Azubis macht die Arbeit Spaß

In den vergangenen 20 Jahren gab es nur eine Auszubildende, die Baumgartl noch in der Probezeit entlassen musste. „Sie hatte psychische Probleme“, erzählt er. Die aktuellen Azubis sind Glücksgriffe. Melanie Irmscher (21) ist im zweiten Ausbildungsjahr. Sie hat Abitur, bekam keinen Studienplatz für Medizin und überbrückt mit der Ausbildung die Wartezeit. Sie liebt vor allem die praktische Arbeit.

Anfangs fiel Melanie Irmscher der Umgang mit den Patienten nicht leicht. Mit der Zeit habe sie jedoch gelernt, ruhig zu bleiben und sich um sie zu kümmern. Heute mache es ihr Freude, mit Patienten umzugehen. Alexandra Kast (17) ist im ersten Ausbildungsjahr und wollte schon immer in einer Praxis arbeiten. Betreut werden die beiden Azubis von Praxismanagerin Irmtraut Hamann. An der praktischen Ausbildung haben beide Auszubildenden nichts auszusetzen. Einziger Kritikpunkt an der schulischen Ausbildung: Es gebe keinen Unterricht in Englisch.

„Ohne Praxismanagerin geht es nicht“

Baumgartl bezahlt nach Tarifvertrag. Seine Azubis haben meist Realschulabschluss, aber er gibt auch Hauptschülern eine Chance. Die Ausbildung ist breit aufgestellt. Fortbildungen sind für ihn ein gutes Instrument, um das Team zu motivieren. Mit dem Qualitätsmanagement sei es ähnlich. Jeder im Team habe seinen eigenen Verantwortungsbereich, und einmal im Monat gebe es eine Teambesprechung. Eine große Stütze ist die Praxismanagerin Irmtraut Hamann. „Ohne eine Praxismanagerin geht es nicht“, sagt der Arzt.

Frau Hamann ist seit mehr als 20 Jahren im Team und organisiert die Arbeit. Sie teilt den Azubis auch gleich zu Anfang einen Aufgabenbereich zu. Das Arbeitsklima ist gut, das sei auch an der Rückmeldung der Patienten zu merken. „Wenn die Patienten sagen, Ihr seid ein tolles Team, dann weiß ich: Wir haben alles richtig gemacht“, sagt Hamann. Kritisch sieht sie die Bezahlung der MFA. „Es ist ein unterbezahlter Job mit einer hohen Verantwortung.“ Kürzlich habe ein junger Mann in der Praxis ein Praktikum gemacht. „Das war toll, doch wenn er später eine Familie ernähren will, wird er diesen Job nicht machen.“

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Am Tresen einer Arztpraxis kann es sehr turbulent werden.

© Klaus Rose