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Possierlicher Virenträger.

© Metzger/fotolia

_ Ein 48-jähriger Patient, bei dem keine ernsthaften Vorerkrankungen bekannt sind, entwickelt plötzlich Temperaturen bis 40 °C. Gleichzeitig klagt er über Übelkeit mit Brechreiz und Gliederschmerzen. Man vermutet einen einen grippalen Infekt.

Kreatinin deutlich erhöht

Bei der klinischen Untersuchung ergibt sich kein pathologischer Befund: Die Lungen sind physikalisch unauffällig, vergrößerte Lymphknoten sind nicht palpabel und auch Milz und Leber sind nicht vergrößert tastbar.

Laborchemisch zeigt sich eine leicht beschleunigte BSG (34/66 mm n. W.). Das Blutbild ist unauffällig, und das CRP mit 2,59 mg/dl leicht erhöht. Auffällig ist jedoch der deutlich erhöhte Kreatininwert (2,78 mg/dl). Die daraus abgeleitete glomeruläre Filtrationsrate beträgt 26 ml/Min. Leberwerte und Elektrolyte liegen im Normbereich. Der Urinstatus zeigt eine leichte Proteinurie. Angesichts dieser Konstellation muss man von einem akuten Nierenversagen ausgehen.

Gefährliches aus dem Keller

Bei der Konstellation Fieber mit akutem Nierenversagen besteht der dringende Verdacht auf eine Hantavirus-Infektion. Der Verdacht wird serologisch bestätigt: Die IgA-Antikörper sind noch leicht und die IgG-Antikörper deutlich erhöht.

Eine ausführliche Anamnese ergibt, dass der Patient einige Tage vor Beginn der Erkrankung den Keller seines Wohnhauses aufgeräumt hatte, wobei er entsprechendem Staub ausgesetzt war.

Unter einer symptomatischen Therapie mit Paracetamol und parenteraler Flüssigkeitssubstitution mit regelmäßiger Kontrolle der Nierenretentionswerte und der Elektrolyte kam es innerhalb von zehn Tagen zu einer vollständigen Normalisierung der Nierenfunktion.

Erregerreservoire Nagetiere

Das Reservoir für Hantaviren in Deutschland sind Nagetiere, v. a. Mäuse und Ratten. Die Virenübertragung erfolgt über die Ausscheidungen infizierter Tiere, deren Exkremente mit Stäuben aufgewirbelt und eingeatmet werden. Auch eine Übertragung über kontaminierte Hände oder durch direkten Kontakt zu infizierten Nagern ist möglich. Dagegen ist eine Übertragung von Mensch zu Mensch sowie eine Ansteckung über Haustiere oder Mücken bzw. Zecken wissenschaftlich nicht belegt.

Niere und Lunge vorrangig betroffen

Die Inkubationszeit beträgt zwei bis vier Wochen. In Ausnahmefällen können auch 60 Tage vergehen. Typisch ist die Nephropathia epidemica, die bis zur dialysepflichtigen Niereninsuffizienz führen kann. Auch die Lunge kann in Form einer interstitiellen Pneumonie bis hin zum akuten Lungenversagen betroffen sein.

Typisch für die Hantavirus-Infektion ist der akute Krankheitsbeginn mit Fieber über 38 °C und das schwere Krankheitsgefühl mit Kopf-, Muskel-, Flanken- und Rückenschmerzen. Auch Schwindel und Sehstörungen, Bauchschmerzen, Diarrhöen, ein petechiales Exanthem und trockener Reizhusten können auftreten. Nicht selten verläuft die Infektion aber auch asymptomatisch oder lediglich als leichter grippaler Infekt und wird deshalb nicht erkannt.

Keine NSAR!

Bei einer Nephropathia epidemica kommt es typischerweise zunächst zu einem Anstieg des Serumkreatinins und einer Proteinurie mit konsekutiver Oligurie. Zusätzlich können Ödeme auftreten. Werden in Unkenntnis der vorliegenden Erkrankung NSAR verordnet, so wird die renale Symptomatik nicht selten fälschlicherweise in einen ursächlichen Zusammenhang mit dieser Medikation gebracht.

Die Diagnose einer Hantavirus-Infektion ergibt sich aus dem klinischen Bild und wird durch serologische Untersuchungen, d. h. die Bestimmung der Antikörper gesichert. Therapeutisch steht eine symptomatische Therapie mit Analgetika bzw. Antipyretika im Vordergrund, wobei keine NSAR gegeben werden sollten. In seltenen Fällen ist eine Nierenersatztherapie erforderlich.