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© Dr. P. Marazzi / SPL / Agentur Focus

_ Kopfplatzwunden sind häufige Begleitverletzungen bei Schädeltraumen. Die Ursachen sind bei jüngeren Patienten häufig Freizeitunfälle oder äußere Gewalteinwirkung, bei älteren ereignen sich Stürze häufig aus „inneren Ursachen“ heraus. Die Wunde entsteht durch direkte stumpfe Gewalteinwirkung. Aufgrund des geringen Subkutangewebes kommt es häufig zu einem Aufplatzen der Haut über der Schädelkalotte.

Klinische Symptome

Die Wundränder einer Kopfplatzwunde sind immer unregelmäßig begrenzt und häufig stark verschmutzt. In der Tiefe der Wunde sind meist noch erhaltene Gewebebrücken sichtbar. Blutungen im Bereich der Kopfhaut können stark ausgeprägt sein, da die Galea sehr gut durchblutet ist. Aufgrund der sensiblen Innervation der Kopfhaut sind Kopfplatzwunden sehr schmerzhaft.

Wichtig ist die Diagnostik von Begleitverletzungen, insbesondere im Bereich der HWS, sowie anamnestische Hinweise auf begleitende neurologische Symptome des Schädelhirntraumas.

Anamnese und Diagnostik

  • Anamnese zur Sturzursache, Stärke der Gewalteinwirkung und begleitender Medikation (gerinnungshemmende Medikation!)

  • Symptome einer intrakraniellen Verletzung? (Amnesie, Erbrechen, Pupillenreaktion und -motorik)

  • Untersuchung umgebender anatomischer Strukturen (Kalotte, Mittelgesicht, Augen, Ohren, HWS!)

  • Inspektion der Platzwunde und tiefergelegener Strukturen (direkte/indirekte Frakturzeichen? Austritt von Liquor?)

  • CCT bei klinischen Anzeichen für eine Fraktur oder SHT-Symptomatik bzw. Einnahme gerinnungshemmender Medikation.

Wundversorgung

  • Der Patient sollte zur Wundversorgung auf einer Behandlungsliege mit leicht erhöhtem Oberkörper gelagert werden, da mit einer vegetativen Begleitsymptomatik wie Schwindel, Übelkeit und Hypotonie zu rechnen ist.

  • Initiale Blutstillung durch Kompression mit sterilen Kompressen. Eine ausreichende Kühlung, z. B. mit Kühlgelkissen, verringert die Weichteilschwellung und ermöglicht einen spannungsfreien, kosmetisch guten Wundverschluss.

  • Besonders wichtig: ausgiebige Reinigung von groben Verschmutzungen verbunden mit einer Spülung der Wunde. Zur Desinfektion alkoholbasierte Antiseptika (z. B. Octenisept, Lavasept etc.) verwenden.

  • Der Wundverschluss erfolgt unter sterilen Bedingungen nach Ausschluss bekannter Allergien und Unterspritzung der Wundränder mit einem Lokalanästhetikum (z. B. Carbostesin 0,5%). Die häufig zerfetzten Wundränder werden nach Friedrich débridiert.

  • Stark blutende Gefäße der Kopfhaut werden entweder elektrokoaguliert oder mit resorbierbarem Nahtmaterial umstochen.

  • Bei Verletzungen im Gesicht: aus kosmetischen Gründen nur sehr sparsame Geweberesektion. Die Wundnaht erfolgt an der behaarten Kopfhaut in Einzelknopftechnik, im Gesicht ggf. intrakutan mit resorbierbarem Nahtmaterial.

  • Bei Kindern kann alternativ an nicht exponierten Stellen des Kopfes eine Wundklebung mit Fibrinkleber erwogen werden.

  • Der Wundverschluss sollte in jedem Fall ohne Spannung erfolgen, um Wundheilungsstörungen zu vermeiden und ein gutes kosmetisches Ergebnis zu erzielen.

  • Nicht resorbierbares Nahtmaterial wird am 10.–14. Tag entfernt.

  • Bei länger zurückliegender Tetanusimmunisierung (> 10 Jahre) muss eine erneute Immunisierung mit Toxoidimpfstoff (z. B. Tetanol 0,5 ml i.m.) erfolgen. Besteht keine Grundimmunisierung, muss eine Simultanimpfung mit Tetanus-Antitoxin (Tetagam 250 I.E.) kontralateral und fächerförmig um die Wunde herum erfolgen.