figure 1

Prof. Dr. med. Hermann S. Füeßl Geschäftsführender Schriftleiter MMW-Fortschritte der Medizin, Leiter Somatischer Querschnittsbereich Isar-Amper-Klinikum Klinikum München-Ost, Haar

figure 2

Viel zu häufig: die Klinikeinweisung bei palliativmedizinischen Notfällen.

© Klaus Rose

_ Tod und Sterben gehören zu den letzten tabuisierten Themen unserer Gesellschaft. Wird darüber gesprochen, so hört man von den meisten Menschen den Wunsch, die letzte Lebensphase in der häuslichen Umgebung verbringen zu können. In der Realität jedoch stirbt die Hälfte der schwerkranken Patienten im Krankenhaus, oft noch in der hoch technisierten Umgebung der Intensivstation. Die Gründe für diesen Widerspruch sind vielfältig und berühren psychosoziale Probleme auf Seiten der Patienten, aber auch medizinische und versorgungspolitische Aspekte.

Trotz der breiten Diskussion in den Medien bestehen auf Seiten der Hausärzte immer noch mangelhafte Kenntnisse und Berührungsängste bei der palliativmedizinischen Versorgung unheilbar Kranker und Sterbender. Die meisten der heute tätigen Hausärzte haben in ihrem Studium nichts von Palliativmedizin gehört. Zwar wurde 2009 die Palliativmedizin als Pflichtlehr- und Prüfungsfach in die Approbationsordnung für Ärzte aufgenommen, doch gibt es an den Universitäten noch zu wenig gut ausgestattete Lehrstühle mit entsprechend qualifiziertem Personal. Zudem bedarf es für eine flächendeckende palliativmedizinische Versorgung auch einer Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen.

Insbesondere in ländlichen Regionen gibt es für Angehörige und Ärzte zu wenig wohnortnah verfügbare Ansprechpartner für die häusliche Palliativversorgung. Die unscharfe Definition und die ungenügende Honorierung der allgemeinen ambulanten Palliativversorgung (AAPV) tragen dazu bei, dass Hausärzte diese Aufgabe nur sehr zögerlich wahrnehmen. Nach dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz müssen für die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) Einzelverträge zwischen den Leistungserbringern und den Krankenkassen abgeschlossen werden, wodurch die Umsetzung ebenfalls erheblich erschwert ist.

Ein besonders tragisches Kapitel stellen Notarzteinsätze bei unheilbar Kranken dar. Ängstliche, zu wenig informierte und mit dramatischen Ereignissen, z. B. Blutungen völlig überforderte Angehörige rufen den Notarzt, der bei dem meist unbekannten Patienten seine eingespielte Routine ablaufen lässt und den Patienten in der Regel in die Klinik einweist. Bereits heute betreffen 3–10% der Notarzteinsätze Palliativsituationen, bei steigender Tendenz. Untersuchungen aus jüngster Zeit zeigen, dass in weniger als 50% der Fälle dem Notarzt einen Arztbrief gezeigt werden konnte und in der Regel kein Notfallplan verfügbar war. Nur etwa ein Viertel der Patienten hatte eine Patientenverfügung, von der die Angehörigen auch wussten.

Die Lösung des Problems kann nur in einer intensiven und frühzeitig geführten Kommunikation zwischen den betroffenen Patienten, Angehörigen, Hausärzten, Pflegediensten und Notärzten liegen. Der Erfolg einzelner regionaler Projekte lässt hoffen. Lassen Sie sich durch unseren Schwerpunkt zur Palliativmedizin auf den aktuellen Stand der Entwicklungen bringen.