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Kranke Lunge, schwaches Herz: Bei der Medikation müssen Sie beides im Auge haben.

© Klaus Rose

_ Patienten mit Herzinsuffizienz leiden oft an einer COPD und umgekehrt. „Die hohe Komorbidität resultiert daraus, dass bei beiden Erkrankungen ein ähnliches Risikoprofil besteht“, erklärte Priv.-Doz. Dr. Roman Pfister, Köln. Dies gilt besonders für den Nikotinabusus.

Immer auch an das Andere denken

Bei ca. 30% der COPD-Patienten findet sich zusätzlich eine Herzinsuffizienz. Die Prognose quoad vitam wird bei COPD-Patienten durch die Herzinsuffizienz und bei herzinsuffizienten Patienten durch die COPD wesentlich verschlechtert.

Das Leitsymptom für beide Erkrankungen ist die Dyspnoe. Ob eine solche ausschließlich kardial oder pulmonal bedingt ist, lässt sich anamnestisch nicht mit letzter Sicherheit klären. „Deshalb sollte man, insbesondere wenn die Behandlung der primär gestellten Diagnose Herzinsuffizienz oder COPD nicht zufriedenstellend wirkt, immer auch an das Andere denken“, so Pfister.

Dass die klinische Diagnosestellung mit einer hohen Fehlerquote assoziiert ist, zeigen die Ergebnisse einer neueren Studie. Bei 405 Patienten mit der Diagnose „COPD“ war diese bei fast jedem zweiten falsch oder unvollständig; denn nur 48% der Patienten litten ausschließlich an einer COPD, bei 12% fand sich zusätzlich eine Herzinsuffizienz und bei 8% fand sich nur eine Herzinsuffizienz. Und bei jedem Dritten lag weder eine Herzinsuffizienz noch eine COPD vor.

Daraus ergibt sich die zwingende Notwendigkeit, so Pfister, bei Patienten mit Verdacht auf COPD zusätzlich eine Echokardiografie und bei herzinsuffizienten Patienten zusätzlich eine Lungenfunktionsuntersuchung durchzuführen. Dabei sollte man auch bedenken, dass die bronchiale Obstruktion durch eine kardiale Dekompensation verstärkt wird.

Sympathomimetika oder Anticholinergika?

Bei Nachweis einer COPD besteht die Indikation für einen Bronchodilatator. Dafür stehen Betasympathikomimetika und Anticholinergika zur Verfügung. „Die Gabe eines Sympathikomimetikums bei herzinsuffizienten Patienten ist mit einer Reihe von potenziellen Risiken assoziiert“, so Pfister. Dazu gehört die Tachykardie, die Arrhythmogenität und die Abnahme des Kaliumwertes. Inwieweit dies klinisch relevant ist, darüber gibt es kaum Studienergebnisse. Doch grundsätzlich ist es empfehlenswert, bei herzinsuffizienten Patienten statt Betasympathikomimetika Anticholinergika wie Tiotropium einzusetzen. „Zahlen aus einer hausärztlichen Datenbank zeigen, dass unter Tiotropium im Vergleich mit einem Betamimetikum seltener Angina-pectoris-Anfälle, Vorhofflimmern oder eine kardiale Dekompensation auftreten“, so Pfister.

Nur selektive Beta-1-Blocker bei COPD!

Zur Standardtherapie der Herzinsuffizienz gehört heute die Gabe eines Betablockers. Ob eine solche Substanz die Lungenfunktion verschlechtert oder nicht, darüber wird seit vielen Jahren kontrovers diskutiert. Eine retrospektive Registerauswertung bei 5977 COPD-Patienten ergab, dass bei zusätzlicher Einnahme eines Betablockers das Mortalitätsrisiko sogar um 22% reduziert war. Ob ein solcher günstiger Effekt für Betablocker auch in prospektiven klinischen Studien dokumentiert werden kann, wird sich zeigen. Grundsätzlich empfiehlt sich jedoch die Gabe eines selektiven Betablockers, wie eine vergleichende Untersuchung mit Bisoprolol und Carvedilol zeigte. „In diesem Vergleich schnitt der selektive Betablocker Bisoprolol bezüglich der Lungenfunktion signifikant besser ab als das unselektive Carvedilol“, so Pfister. Nach den bisher vorliegenden Daten seien selektive Beta-1-Blocker bei herzinsuffizienten Patienten mit COPD keinesfalls kontraindiziert, sondern indiziert.