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Prof. Dr. med. H.-C. Diener Klinik für Neurologie, Universitätsklinik Essen

_ Bei der MIND-Studie handelt es sich um eine Unterstudie der ACCORD-Studie. Die ACCORD-Studie war eine randomisierte multizentrische Studie bei Patienten mit Diabetes mellitus, bei denen unterschiedliche Strategien der Kontrolle des Blutzuckers, des Blutdrucks und der Lipide untersucht wurden. Eingeschlossen wurden Patienten im Alter zwischen 45 und 79 Jahren mit einem Typ-2-Diabetes und einer HbA1c-Konzentration von über 7,5 %. Außerdem mussten die Patienten ein zusätzlich erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen aufweisen.

Die Studienteilnehmer erhielten entweder ein Behandlungsschema mit einer aggressiven blutzuckersenkenden Therapie mit einem Ziel-HbA1c von weniger als 6% oder eine Standardtherapie mit einem HbA1c zwischen 7% und 7,9%.

Der primäre Endpunkt zur Messung kognitiver Funktionen war der Digit Symbol Substitution Test Score (DSST) zum Zeitpunkt des Einschlusses in die Studie sowie nach 20 und nach 40 Monaten. In einer Untergruppe von Patienten wurden Kernspintomografien zum Zeitpunkt des Einschlusses in die Studie und nach 40 Monaten durchgeführt.

In die Studie wurden 2977 Patienten in einem mittleren Alter von 62,5 Jahren eingeschlossen, davon 1469 in die Gruppe, bei denen der Blutzucker aggressiv behandelt wurde und 1508 in die Gruppe, bei denen die Blutzuckerbehandlung nach Standardkriterien durchgeführt wurde.

Bei 94% der Patienten ließen sich die neuropsychologischen Tests nach 20 oder 40 Monaten wiederholen. In beiden Behandlungsgruppen nahmen die Werte auf der DSST-Skala im Verlauf von 40 Monaten ab, wobei zwischen den beiden Behandlungsgruppen kein Unterschied bestand. Das mittlere Hirnvolumen in der Kernspintomographie nahm um 13 bis 17 cm3 ab. Hier zeigte sich je nach Therapie ein statistisch signifikanter Unterschied.

Eine aggressive blutzuckersenkende Behandlung bei Patienten mit einem Dia-betes mellitus Typ 2 hat keinen Einfluss auf die progrediente Verschlechterung kognitiver Funktionen, allerdings wird die Abnahme des Hirnvolumens signifikant reduziert.

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Gibt es doch Gründe, den Typ-2-Diabetes aggressiv zu behandeln?

© Ramona Heim / fotolia.com

Kommentar

Die ACCORD-Studie hat wesentlich zum Verständnis der Therapie des Diabetes mellitus beigetragen. Die Studie musste vorzeitig abgebrochen werden, da es in der Behandlungsgruppe mit aggressiver blutzuckersenkenden Therapie zu einer erhöhten Sterblichkeit kam. Daher ist auch die Beobachtungszeit für die hier publizierte Substudie zu kurz, um Rückschlüsse auf eine Veränderung kognitiver Funktionen zuzulassen.

Wegweisend ist allerdings die Tatsache, dass die Abnahme des Hirnvolumens bei aggressiv behandelten Patienten geringer war. Zur erhöhten Sterblichkeit haben häufigere Episoden einer schweren Hypoglykämie wesentlich beigetragen. Es ist daher bisher nicht bekannt, ob eine Therapie, die schwere Episoden einer Hypoglykämie vermeidet und gleichzeitig niedrige HbA 1c -Werte anstrebt, die Prognose bezüglich kardiovaskulärer Erkrankungen verbessert und gegebenenfalls kognitive Störungen verhindert.