_ Der mächtige neobarocke Bau der Poliklinik aus dem Jahr 1910 gehört zu den architektonischen Schmuckstücken des Münchner Klinikviertels. Wenn man das Hauptportal an der Pettenkoferstraße durchschreitet, gelangt man in die Eingangshalle, die von einem mächtigen Bogen von 13 Metern Spannweite überwölbt ist und von der aus sich nahezu drei Meter breite Treppenläufe zu beiden Seiten in den ersten Stock entwickeln. Die Treppen werden von einer Marmorbalustrade zur Halle hin begrenzt, an den Treppenanfängen finden sich ruhende Kinderfiguren in Marmor von Ernst Pfeiffer, die Decke ist stuckiert und an einer Wand hängt eine gewaltige Bronzetafel mit der Aufschrift: „Erbaut unter der Regierung S K Hoheit des Prinzregenten Luitpold des Königreichs Bayern Verweser MCMVII-MCMX“.

Die Medizinische Poliklinik meldete in der Regel ihre wenigen Betten für akute Neuzugänge ab, was man sich in der Vor-DRG-Ära in einer Universitätsklinik einer Großstadt mit sehr vielen Krankenhäusern erlauben konnte. Gelegentlich verirrte sich aber doch ein Krankentransportwagen in unsere Klinik. Bei einem meiner Nachtdienste kam gegen 22 Uhr eine junge Notärztin im orangefarbenen Anorak in Begleitung zweier Sanitäter mit einem liegenden Kranken in dieser Halle. Sie schien nicht in München studiert zu haben, da ihr beim Betreten dieses Ambientes vor Staunen fast der Kinnladen herunter fiel. Ihre rhetorische Frage: „Wo bin ich hier, in einer Klinik oder in einer Kirche?“ zeugte zwar von wenig Kunstverständnis, ließ aber zumindest auf eine gewisse christliche Erziehung schließen.