_ Der 74-jährige Patient stellt sich erstmalig mit dekompensierter Leberzirrhose vor. Als ehemaliger Brauereiarbeiter bestand bei dem Patienten über Jahrzehnte ein Alkoholkonsum von etwa vier bis sechs Flaschen Bier pro Tag, sodass hinsichtlich der Lebererkrankung bisher eine nutritiv-toxische Genese angenommen worden war.

Die gezeigte Serumelektrophorese weist eine polyklonale Hypergammaglobulinämie mit überhöhtem β/γ-Übergang auf, was charakteristisch für eine Leberzirrhose ist. Zusätzlich besteht eine deutliche, im Sinne einer ätiologischen Diagnose wegweisende Abflachung der α1-Zacke (quantitativ 1,9%, normal 2,9–4,9%).

Der Verdacht auf das Vorliegen eines α1-Antitrypsin-Mangels konnte in der laborchemischen Quantifizierung mit einer Konzentration von 28 mg/dl bestätigt werden (in Kontrolle 22 mg/dl, normal 90–200 mg/dl). Durch die genetische Analyse konnte das homozygote Vorliegen der Genvariante PiZ belegt werden.

Der α1-Antitrypsin-Mangel wird wahrscheinlich in der Abklärung einer Lebererkrankung bei Patienten in fortgeschrittenem Lebensalter zu wenig beachtet. Im Rahmen einer differenzierten Abklärung einer chronischen Hepatopathie wird, auch bei vermeintlich offensichtlicher Genese der Lebererkrankung, eine einmalige Bestimmung des α1-Antitrypsin-Spiegels empfohlen. Die alleinige Betrachtung der klinisch weiter verbreiterten Serum-Elektrophorese gilt als nicht ausreichend, kann aber bereits wertvolle diagnostische Hinweise liefern.

Diagnose: Leberzirrhose bei Alpha1-Antitrypsin-Mangel

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© V. Zimmer / M. Rusticeanu / F. Lammert