Bei der klinischen Untersuchung eines alkoholkranken Patienten fielen ein leises diastolisches Herzgeräusch und eine Blutdruckdifferenz zwischen beiden Armen auf. Der Patient gab keinerlei Beschwerden an. Umso überraschender war der Befund, der mittels Röntgen-Thoraxuntersuchung und transösophagealer Echokardiografie erhoben wurde.
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_ Bei dem 60-jährigen Patienten war seit vielen Jahren eine Alkoholkrankheit bekannt. Vor Beginn einer Entwöhnungsbehandlung wurde er zur Entgiftung stationär eingewiesen.
Leber-Hautzeichen und ein leises Diastolikum
Bei der klinischen Untersuchung fanden sich Leber-Hautzeichen als Hinweis auf eine alkoholtoxische Hepatopathie. Bei der Auskultation des Herzens fiel ein leises Diastolikum über dem Aortenauskultationspunkt auf. Außerdem fand sich eine Blutdruckdifferenz zwischen beiden Armen, wobei der Blutdruck rechts deutlich reduziert war.
TEE zeigt ausgedehnte Dissektion
Das EKG war unauffällig. Die Röntgen-Thoraxaufnahme zeigte jedoch eine aneurysmaverdächtige Erweiterung der Aorta ascendens. Die daraufhin durchgeführte transösophageale Echokardiografie (TEE) zeigte ein Aneurysma der Aorta ascendens mit einem Durchmesser von 8 cm mit einer Dissektionsmembran und einem falschen Lumen mit einem Durchmesser von 26 mm. Die Dissektion begann wenige Zentimeter distal der Klappenebene und reichte bis zum Aortenbogen. An der Aortenklappe fand sich eine hämodynamisch gering wirksame Aorteninsuffizienz II. Grades.
Sofortige Operation
Nach Verlegung in ein herzchirurgisches Zentrum erfolgte noch am gleichen Tage die Operation. Intraoperativ zeigte sich, dass die Dissektion in die Arteria pulmonalis und den Truncus brachiocephalicus reichte. Der operative Eingriff umfasste eine Aortenklappenrekonstruktion nach Dekompression der Aortenwurzel und einen Ersatz der Aorta ascendens durch eine Rohrprothese. Darüber hinaus wurde die Arteria pulmonalis durch die Implantation eines Rinderperikard-Patch rekonstruiert und auch der Truncus brachiocephalicus erforderte eine Rekonstruktion. Der postoperative Heilungsverlauf gestaltete sich komplikationslos.
Warum symptomlos?
Bei jedem akut einsetzenden, starken thorakalen Schmerz muss an eine Aortendissektion gedacht werden. Die Anamnese erlaubt nicht immer eine zuverlässige Abgrenzung von einem akuten Koronarsyndrom. Typisch für die Aortendissektion sind jedoch das Auftreten einer Aorteninsuffizienz und seitendifferente Blutdruckwerte bzw. das Fehlen von Pulsen.
Warum in dem geschilderten Fall von dem Patienten keinerlei Beschwerden verspürt wurden, lässt sich nicht eindeutig erklären. Man muss jedoch davon ausgehen, dass der Patient zum Zeitpunkt der Dissektion stark alkoholisiert war, sodass er sich später an dieses Ereignis wahrscheinlich nicht mehr erinnern konnte.
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Stiefelhagen, P. Riss in der Aorta — aber der Patient merkte nichts. MMW - Fortschritte der Medizin 154, 25 (2012). https://doi.org/10.1007/s15006-012-0142-z
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