Was hilft in den Tagen nach einer Operation, starke Schmerzen zu vermeiden und Alltagsfunktionen wiederherzustellen? Die bisherigen Studien erlauben nur unvollständige Antworten auf diese Fragen. Einige Risikofaktoren für postoperativen Schmerz sind aber mittlerweile bekannt.

„Wir wissen noch zu wenig über den Verlauf von Schmerzen in den Tagen nach einer Operation und nach Entlassung,“ erklärte Prof. Dr. Esther Pogatzki-Zahn, Oberärztin und Leiterin des Schmerzdienstes an der Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin und Schmerztherapie, Universität Münster, auf dem Deutschen Schmerzkongress. Den bisherigen Studien zu diesem Thema fehle es unter anderem an spezifischen Verlaufsparametern, die über die reine Bestimmung der Schmerzintensität hinausgehen.

Einfache Scores und Prädiktionsmodelle

Was man immerhin erreicht habe, sei die Identifikation einiger Risikofaktoren für starke postoperative Schmerzen. Vor drei Jahren stellten Pogatzki-Zahn und Mitforschende einen einfachen Score zur Ermittlung des Risikos einer hohen postoperativen Schmerzintensität vor. Grundlage dafür waren 33.667 Datensätze aus dem PAIN-OUT Projekt und die daraus ermittelten Risikofaktoren. Dazu zählen weibliches Geschlecht, persistierende Schmerzen, eine Intensität über 3 auf der Numerischen Ratingskala von 0-10, Opioideinnahme vor der Krankenhauseinweisung und niedriges Alter der operierten Person [Schnabel A et al. Pain Rep. 2020;5:e83].

Auch was die Entstehung chronischer postoperativer Schmerzen anbelangt, habe man, so Pogatzki-Zahn, unterschiedlich gut gesicherte Risikofaktoren ermittelt und daraus Prädiktionsmodelle generiert. Zu den relativ konsistent belegten Risikofaktoren zählen seitens der operierten Person unter anderem ein junges Alter, vorbestehende Behinderungen oder Suchterkrankungen, ein niedriges Bildungsniveau, Rauchen und psychische Symptome wie Angst, Depressivität sowie eine Neigung zu Katastrophisierungsgedanken. Weitere gesicherte Risikofaktoren sind präoperative Schmerzen und die Anwendung von Opioiden, lange und komplizierte Operationen sowie postoperative Schmerzen hoher Intensität, die länger als fünf Tage anhalten [Rosenberger DC et al. BJA Educ. 2022;22:190-6].

Starke Schmerzen in den Tagen nach ambulantem Eingriff eher selten

Pogatzki-Zahn berichtete aus einer Kohorte mit 1.200 überwiegend ambulant operierten Personen aus drei Zentren in Deutschland. Eine erste Sichtung der Daten vermittle den Eindruck, dass die postoperative Schmerzversorgung relativ gut funktioniere und hohe Schmerzintensitäten eher selten vorkommen. Zum Beispiel einen Ruheschmerz von ≥ 4 auf der Numerischen Ratingskala hätte man am Tag nach der Operation nur in 18 % der Fälle festgestellt, an Tag 3 in 12 % und an Tag 7 in 5 % der Fälle.

Als Risikofaktoren für intensive postoperative Schmerzen habe man ähnliche Faktoren wie die bereits bekannten identifiziert: Alter unter 42 Jahren, weibliches Geschlecht, präoperativ über vier Wochen anhaltende Schmerzen und Operationen innerhalb der vergangenen fünf Jahre. Operierte mit hohem Bildungsgrad, in diesem Fall mit Hochschulreife, hatten ein niedrigeres Risiko für starke postoperative Schmerzen. Pogatzki-Zahn wertete das als Hinweis auf die Bedeutung einer guten Aufklärung der Betroffenen über postoperative Schmerzen.

Wie schmerzhaft geht es nach stationärer OP weiter?

Zum Verlauf postoperativer Schmerzen nach stationären Operationen gibt es laut Pogatzki-Zahn bislang kaum aussagekräftige Studien. Eine große nicht interventionelle Studie des IMI-Pain Care Netzwerks befinde sich derzeit in der Vorbereitung zur Publikation. Die Datensätze von mehr als 3.300 stationär Operierten wurden dazu ausgewertet. Pogatzki-Zahn zufolge scheinen die Daten eine relativ gute postoperative Schmerzversorgung im Hinblick auf die Schmerzintensität zu bestätigen. Andere, ebenfalls wichtige Faktoren wie Alltagsfunktionen oder Analgetika-Nebenwirkungen würden aber offenbar in der derzeitigen postoperativen Versorgung noch unzureichend berücksichtigt.

Deutscher Schmerzkongress, Mannheim, 19.-21.10.2023, Session SY11: „Akutschmerztherapie an Schnittstellen - Prozesse, Prädiktoren und Patient Related Outcomes“. Pogatzki-Zahn E: „Was passiert nach Entlassung aus dem Krankenhaus - ambulante Verläufe, relevante Outcome-Parameter und Prädiktoren nach stationären Operationen und welche Faktoren sie beeinflussen“