Regelmäßige körperliche Aktivität vermindert die Bereitschaft, auf nozizeptive Reize mit Schmerz zu reagieren. Die endogene Schmerzhemmung scheint dabei zumindest teilweise über andere zentralnervöse Mechanismen zu laufen als beim Placeboeffekt.

Dass Sport die Schmerzwahrnehmung verändern kann, ist laut Dr. Maria Geisler, klinische Psychologie, Universität Jena, für Ausdauerbelastungen am besten belegt. Ob die Bereitschaft, Schmerzen zu empfinden, damit tatsächlich im Sinne einer exercise-induced hypoalgesia (EIH) reduziert werden kann, hänge unter anderem von der Dauer und Intensität der Belastung ab. Geisler und Mitforschende der Universität Jena beschäftigten sich mit dem Stellenwert psychischer Effekte bei der EIH - der Frage, ob dabei ähnliche schmerzmodulierende Mechanismen eine Rolle spielen wie beim Placeboeffekt und welche Bedeutung die konditionierte Schmerzmodulation (CPM) hat. Die CPM beschreibt den Effekt, dass ein Schmerz die Wahrnehmung eines anderen Schmerzes hemmt.

Die Forschenden verwendeten dazu ein Modell der CPM, bei dem die Schmerzreaktion auf mechanische Teststimuli am Schienbein vor und nach dem Eintauchen des Arms in Wasser mit einer Temperatur von 10 °C (konditionierter Stimulus) evaluiert wurde. Übereinstimmend mit früheren Studien beobachteten sie, dass der Effekt der CPM bei Ausdauersportlern größer war als bei Nicht-Sportlern, das heißt, die Schmerzintensität vor dem Eintauchen war deutlich niedriger als die danach [Geisler M et al. Front Psychol. 2020;11:553530]. Der ebenfalls evaluierte Effekt einer Placebocreme auf die Schmerzintensität unter der Teststimulation zeigte wiederum, dass ein Placeboeffekt nur bei den Nicht-Sportlern, nicht aber bei den Sportlern erzielt werden konnte. Geisler resümierte, die endogene Schmerzhemmung bei CPM scheine also zumindest teilweise auf anderen Mechanismen zu beruhen als beim Placeboeffekt. Auch in der funktionellen MRT fanden Geisler und Mitforschende bei Sportlern im Vergleich zu Nicht-Sportlern unterschiedliche Aktivierungs- und Konnektivitätsmuster unter Schmerzstimulation mit Hitzereizen [Geisler M et al. Hum Brain Mapp. 2021;42:5927-42]. Regionen der Schmerzmatrix, wie Thalamus, somatosensorischer Kortex, Insel, anteriores Zingulum, dorsolateraler Präfrontalkortex und Hirnstamm, waren bei den Sportlern unter den Schmerzreizen weniger stark aktiviert.

Deutscher Schmerzkongress, Mannheim, 19.-21.10.2023, Session SY34: „Haben wir den Schmerz selbst in der Hand? Wie Lebensstilfaktoren Schmerzen beeinflussen“. Geisler M: „Ironman oder doch ,Ironmind´? Die neuronale Veränderung durch Sport“