Fragestellung: Das Ziel dieser systematischen Übersicht und Metaanalyse betrifft drei Aspekte: 1. Abschätzen des gepoolten Anteils von MS-Erkrankten, die nach der Impfung einen Schub erleiden, 2. Abschätzen der Rate der transienten neurologischen Verschlechterungen, der unerwünschten Ereignisse sowie der schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse nach Impfung und 3. die Assoziation dieser Ergebnisse mit den verschiedenen SARS-CoV-2-Impfstofftypen.

Hintergrund: Über die Sicherheit von Impfstoffen gegen SARS-CoV-2 bei MS-Erkrankten liegen bisher nur wenige Daten vor, zumal Menschen mit MS nicht an den Zulassungsstudien der Impfstoffe teilnehmen konnten. Systematische Phase-IV-Daten sind ebenfalls noch nicht abschließend ausgewertet; aber es gibt eine Vielzahl von Beobachtungsstudien und Registerdaten.

Patienten und Methodik: Das vorab definierte Protokoll dieses systematischen Reviews mit Metaanalyse wurde im International Prospective Register of Systematic Reviews (PROSPERO) registriert. Die Metaanalyse wurde gemäß des aktualisierten Preferred Reporting Items for Systematic Reviews and Meta-Analyses (PRISMA) berichtet und die Daten gemäß der Meta-Analysis of Observational Studies Epidemiology (MOOSE) präsentiert.

Ergebnisse: Eingeschlossen wurden 14.755 Menschen mit MS aus 19 Beobachtungsstudien, die 23.088 Impfdosen gegen SARS-CoV-2 erhalten hatten. Das Durchschnittsalter betrug 43,3 Jahre, 71 % waren weiblich. Die mittlere Erkrankungsdauer lag bei 10,3 Jahren. Eine schubförmig-remittierende, sekundär-progrediente oder primär-progrediente MS wurden in 82,6 %, 12,6 % beziehungsweise 6,7 % der Fälle diagnostiziert; ein klinisch isoliertes Syndrom lag bei 2,9 % vor. Der gepoolte EDSS lag bei 2,5 Punkten. Die mittlere Nachbeobachtungszeit nach einer Impfdosis wurde mit 93,3 Tagen angegeben.

Der gepoolte Anteil der Teilnehmenden, die in einem mittleren Zeitintervall von 20 Tagen (95 %-Konfidenzintervall [KI] 12-28,2) nach der Impfung einen Schub erlitten, betrug 1,9 % (95 %-KI 1,3-2,6 %). Das Schubrisiko war unabhängig von der Art des verabreichten SARS-CoV-2-Impfstoffs. Nach der Impfung wurde bei 4,8 % (95 %-KI 2,3-8,1 %) der Erkrankten eine transiente neurologische Verschlechterung im Sinne eines Pseudoschubs beobachtet. Unerwünschte Ereignisse und schwerwiegende unerwünschte Ereignisse wurden bei 52,8 % beziehungsweise 0,1 % der Impfungen gemeldet.

Schlussfolgerung: Die COVID-19-Impfung scheint das Schubrisiko sowie das Auftreten schwerwiegender unerwünschter Ereignisse bei MS nicht zu erhöhen. In Abwägung mit den Risiken von SARS-CoV-2-bedingten Komplikationen und MS-Exazerbationen liefern diese Sicherheitsdaten überzeugende Argumente für die Impfung von Menschen mit MS.

Stefanou MI, Palaiodimou L, Theodorou A et al. Safety of COVID-19 vaccines in multiple sclerosis: a systematic review and meta-analysis. Mult Scler. 2023; 29: 585-94