Progression in Abwesenheit von Schubaktivität (progression in the absence of relapse activity, PIRA) liegt laut Dr. Carmen Tur, Klinische Neuroimmunologie, Universitätsklinik Vall d`Hebron, Barcelona, Spanien, mindestens der Hälfte der bestätigten Behinderungsprogressionen (confirmed disability progression, CDP) bei MS zugrunde. Den hohen Stellenwert von PIRA bestätige eine eigene, kürzlich publizierte monozentrische Kohortenstudie mit 1.128 MS-Kranken, die nach einem ersten Schub rekrutiert worden waren. Rund zwei Drittel aller CDP gingen darin auf PIRA zurück [Tur C et al. JAMA Neurol. 2023;80:151-60].

Dass man mit einer früh begonnenen krankheitsmodifizierenden Therapie nicht nur die schubabhängige Behinderungsprogression (relapse-associated worsening, RAW) sondern auch die PIRA reduzieren kann, bestätigten Tur zufolge Daten auf Basis der zweijährigen randomisiert kontrollierten Studie RADIANCE, die den S1P-Rezeptormodulator Ozanimod (Zeposia®) mit Beta-Interferon (IFN-β) verglich, und der offenen Erweiterungsstudie DAYBREAK, in der alle Teilnehmenden sechs Jahre lang mit Ozanimod 0,92 mg weiterbehandelt wurden. In beiden Studienarmen war in 24 % der Fälle eine CDP eingetreten. In der Gruppe, die von IFN-β auf Ozanimod umgestellt worden war, lag die PIRA-Rate bei 10 % und die RAW-Rate bei 14 %. Bei den über den gesamten Zeitraum mit Ozanimod 0,92 mg Behandelten war bei 13 % eine PIRA und bei 11 % eine RAW aufgetreten [Filippi M et al. ECTRIMS 2023, PosterP368]. „Es ist sehr ermutigend, dass unter der Langzeittherapie mit Ozanimod ein so großer Anteil der Behandelten frei von PIRA blieb“, resümierte Tur.

Prof. Eleonora Cocco, Neurologie, Universität Cagliari, Italien, berichtete aus einer Reanalyse der Daten aus der randomisiert-kontrollierten Studie SUNBEAM. Diese bestätige, dass sich kognitive Funktionen unter der Behandlung mit Ozanimod signifikant häufiger verbessert hatten als unter IFN-β. Als Kriterium diente dabei die Veränderung des Scorewerts im Symbol Digit Modalities Test um mindestens acht Scorepunkte [Deluca J et al. ECTRIMS 2023, Poster P727]. Eine aktuelle Interimsanalyse der offenen Studie ENLIGHTEN zeige zudem, so Cocco, dass das Gehirnvolumen von Erkrankten mit früher schubförmiger MS nach einem Jahr Ozanimodtherapie nicht stärker zurückging als bei altersgleichen Gesunden [Zivadinov R et al. ECTRIMS 2023, Poster P1311].

Symposium „The Latest Developments in MS Classification and Treatment: From AI to Clinical Decision Making” anlässlich des Kongresses MSMilan 2023, European Commitee for Treatment and Research In Multiple Sclerosis (ECTRIMS) und Americas Commitee for Treatment and Research In Multiple Sclerosis (ACTRIMS), Mailand, 11.10.2023; Veranstalter: Bristol-Myers Squibb