"Das klinische Bild bei Patientinnen und Patienten mit Multipler Sklerose (MS) ist sehr unterschiedlich. Daher werden Methoden entwickelt, um die dahinterstehenden Mechanismen zu untersuchen", so Prof. Dr. Frauke Zipp, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsmedizin Mainz. Tierexperimentelle, intravitale Untersuchungen würden die Patientenverläufe zumindest teilweise widerspiegeln, auch

genetische Marker würden untersucht, um neue Zielstrukturen für die Therapie zu identifizieren. In genomweiten Assoziationsstudien seien über 230 Varianten entdeckt worden. "Präzisionstherapien sind das Ziel", sagte Zipp.

Weit weniger in der Zukunft liegen Bildgebung und Biomarker. Zunächst durch Zufallsbefunde bei MRT-Untersuchungen wisse man, dass die MS viel früher starte als bisher angenommen. Die Atrophie im Gehirn beginne, wie die MRT zeige, bereits vor dem ersten Schub, erläuterte Zipp. Die Neurologin sprach hier von einem Prodrom. "Die Progression läuft von Anfang an", warnte Zipp und leitete daraus die Notwendigkeit einer frühen Therapie ab. In Bezug auf die Fatigue bei MS seien bereits strukturelle Marker in der MRT identifiziert worden. So seien die Volumina bestimmter Bereiche im Subkortex frühe Prädiktoren einer sich anbahnenden Fatigue.

Auch Biomarker im Serum dürften die Diagnose und Therapiesteuerung verbessern. Zipp hob hier das Neurofilament hervor. "Es zeigt die Schädigung von Nervenzellen auch im Gehirn." Bevor das Neurofilament als Marker in die Praxis kommen könne, müsse allerdings noch eine präzise Adaptation der Werte erfolgen. Denn diese würden etwa durch das Alter, den BMI, die Nierenfunktion oder auch das HbA1c beeinflusst. Zur Therapie sei bekanntlich eine Reihe von Arzneimitteln verfügbar, sagte Zipp. Zur Basistherapie bei mild bis moderat verlaufender schubförmig remittierender MS kämen vor allem Glatirameracetat, Dimethylfumarat, Teriflunomid und Interferone infrage. Für Teriflunomid seien in über zwölf Jahren keine zusätzlichen Sicherheitssignale aufgetaucht, für Glatirameracetat (Copaxone®) sogar über einen Zeitraum von 27 Jahren.

Zipp hob auch die geringe Abbruchrate von nur 3,4 % pro Jahr hervor. Ein weiterer Vorteil: Glatirameracetat könne ebenso wie Interferone während der Stillzeit angewendet werden. So sei die Familienplanung einer der wichtigen Parameter für die Therapiewahl.

Virtuelles Pressegespräch "Neurocluster® 2023 - Migräne und Multiple Sklerose: Patientenorientierte Therapieentscheidungen treffen", 23.2.2023; Veranstalter: Teva